In einem Streit um Entschädigung von Überstunden hatte das Arbeitsgericht Winterthur die Klage des ehemaligen Arbeitnehmers abgewiesen, weil es die behaupteten Überstunden als unbewiesen ansah. Das OGer ZH hatte dieses Urteil aufgehoben und die Klage teilweise gutgeheissen. Im Unterschied zum Arbeitsgericht Winterthur erachtete es die in der Buchhaltung der Arbeitgeberin ausgewiesenen Überstunden-Guthaben des Angestellten als beweiskräftig. Dagegen erhob der Arbeitgeber Beschwerde ans BGer wegen Verletzung von OR 321c i.V.m. ZGB 8.
Das BGer schützt das Urteil des OGer ZH. Es fasst zunächst die anerkannten Grundsätze des Überstundenbeweises zusammen (vorbehaltlich besonderer Regeln, zB nach Art. 21 Ziff. 4 des L‑GAV 2012):
Für die Leistung von Überstunden trägt der Arbeitnehmer die Beweislast. Er hat somit zu beweisen, dass er auf Weisung oder wenigstens im Interesse der Arbeitgeberin mehr Zeit aufgewendet hat, als vertraglich vereinbart oder üblich. Dabei hat er den Nachweis der Notwendigkeit der Überstunden nicht zu erbringen, wenn er beweist, dass die Arbeitgeberin über die Leistung der Überstunden informiert war (BGE 86 II 155 E. 2 S. 157, vgl. auch BGE 116 II 69 E. 4b S. 71). Sofern der Nachweis erbracht ist, dass Überstunden geleistet wurden, ohne dass deren Ausmass genau bestimmt werden kann, hat das Gericht den Umfang nach Art. 42 Abs. 2 OR zu schätzen; bei der ermessensweisen Schätzung handelt es sich um Beweiswürdigung bzw. Sachverhaltsfeststellung, welche der Überprüfung durch das Bundesgericht grundsätzlich entzogen ist (BGE 128 III 271 E. 2b/aa S. 276 f. mit Hinweisen). Die Beweiserleichterung nach Art. 42 Abs. 2 OR kann sodann nicht nur für das Ausmass der Überzeit, sondern auch für die Leistung als solche anwendbar sein (BGE 122 II 219 [recte: 122 III 219] E. 3a S. 221 mit Hinweisen). Voraussetzung dafür ist aber, dass sich auf Grund der konkreten Umstände ein genauer Beweis als unmöglich oder unzumutbar erweist. Diese Voraussetzung ist nicht schon dann erfüllt, wenn der Beweis im konkreten Fall misslingt. Die fehlende Beweisbarkeit muss aus objektiven Gründen vorliegen (Urteile 4A_40/2008 vom 19. August 2008 E. 3.3, 4C.142/2005 vom 24. August 2006 E. 5.2).
Im vorliegenden Fall schützt das BGer die Anwendung des Beweismasses der überwiegenden Wahrscheinlichkeit durch das OGer ZH, denn es sei
typisch und trifft nicht nur im vorliegenden Einzelfall zu, dass die eigenen Aufzeichnungen oder “Stundenkontrollen” des Arbeitnehmers diesen Beweis nicht zu erbringen vermögen; es handelt sich bei derartigen Aufzeichnungen letztlich um Parteibehauptungen. Auch die Aussagen von Zeugen werden regelmässig das Ausmass von Überstunden schon deshalb nicht beweisen können, weil Zeugen typischerweise nicht während der ganzen Arbeitszeit anwesend […]. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin bestand daher auch im vorliegenden Fall durchaus Anlass für eine Abweichung vom Regelbeweismass, da der Beweis für den Umfang der Überstunden durch die eigenen Aufzeichnungen des Arbeitnehmers und die von ihm angerufenen Zeugen nicht erbracht werden konnten.
Dass der Arbeitgeber die Überstunden als transitorische Passiven erfasst hatte, spielte im Ergebnis keine Rolle:
Wenn die Vorinstanz daher nicht als willkürlich ansah, dass mit der Verbuchung von Ferien- oder Überstunden-Guthaben eines bestimmten Arbeitnehmers als transitorisches Passivum zum Ausdruck gebracht wird, dem betreffenden Arbeitnehmer stehe per Ende Jahr ein entsprechendes Freizeit-Guthaben zu, ist dies nicht zu beanstanden.