4A_601/2011: Rechtsschutz in klaren Fällen — sofortige Beweisbarkeit auch durch Zeugenbefragung? Klarheit der Rechtslage verneint (amtl. Publ.)

Das BGer äussert sich zu den Voraus­set­zun­gen des Rechtss­chutzes in klaren Fällen iSv ZPO 257. Er set­zt voraus, dass der Sachver­halt unbe­strit­ten oder sofort beweis­bar ist und dass die Recht­slage klar ist:

  • Sachver­halt unbe­strit­ten oder sofort beweis­bar: In der Lehre ist strit­tig, die sofor­tige Beweis­barkeit auch den Beweis durch Exper­tisen, Zeu­gen- oder Parteiaus­sagen ein­schliesst oder nicht. Das OGer ZH hat­te sich als Vorin­stanz der Lehrmei­n­ung angeschlossen, wonach beim Rechtss­chutz in klaren Fällen Zeu­gen­be­fra­gun­gen grund­sät­zlich aus­geschlossen sind. Das BGer lässt diese Frage aus­drück­lich offen.
  • Klarheit der Recht­slage: Das BGer verneint im vor­liegen­den Fall die Klarheit der Recht­slage. Es ging um eine allfäl­lige Rechtsmiss­bräuch­lichkeit der Beru­fung auf einen For­m­man­gel des Schreibens, mit dem ein Mieter eine Ver­längerung­sop­tion auszuüben erk­lärte. Die Recht­slage sei, so das BGer, in der Regel nicht klar, wenn die Anwen­dung ein­er Norm einen Ermessens- oder Bil­ligkeit­sentscheid des Gerichts mit wer­tender Berück­sich­ti­gung der gesamten Umstände erfordert, wie dies namentlich bei der Beurteilung von Treu und Glauben zutrifft