5A_404/2011: bevorschussendes Gemeinwesen ist zur privilegierten Anschlusspfändung berechtigt (amtl. Publ.)

Das BGer hat die bish­er offene Frage entsch­ieden, ob das Gemein­we­sen, das Unter­halts­beiträge bevorschusst hat, den priv­i­legierten Pfän­dungsan­schluss (SchKG 111) ver­lan­gen kann. Die Lehre war ges­pal­ten, weil ein­er­seits ZGB 289 II fes­thält, dass der Unter­halt­sanspruch “mit allen Recht­en” auf das erfül­lende Gemein­we­sen überge­ht; dazu kön­nte das Recht zum priv­i­legierten Anschluss gehören. Ander­er­seits kann dieses Recht als Vorzugsrecht gese­hen, wer­den, das iSv OR 170 untrennbar mit der Per­son des Unter­halts­berechtigten ver­bun­den ist.

Das BGer fol­gt der ersten Auffassung:

[…] dass es sich bei der Bevorschus­sung des Unter­halt­sanspruchs durch das Gemein­we­sen nicht um Sozialleis­tun­gen han­delt. Das Kind soll nicht Anspruch auf Bevorschus­sung haben, weil es Not lei­det, son­dern weil der Unter­halt­spflichtige säu­mig ist. Das Gemein­we­sen erbringt die Leis­tung an Stelle des Pflichti­gen, weshalb der pri­va­trechtliche (Unter­halts-) Anspruch übergeht […]. 
3.3.2 Zweck der Sub­ro­ga­tion ist dem­nach, dass der Unter­haltss­chuld­ner nicht von sein­er Nach­läs­sigkeit prof­i­tieren soll. Aus diesem Grund kann das bevorschussende Gemein­we­sen die Schuld­ner­an­weisung nach Art. 291 ZGB ver­lan­gen, wie das Bun­des­gericht kür­zlich entsch­ieden hat (BGE 137 III 193 E. 3.4 S. 201). Die gle­iche Über­legung gilt für das Recht des Gemein­we­sens, die priv­i­legierte Anschlusspfän­dung nach Art. 111 SchKG zu ver­lan­gen. Sie dient — eben­so wie die Schuld­ner­an­weisung — nicht dem unmit­tel­baren Unter­halt des Berechtigten, son­dern vielmehr der Sicherung der Durch­set­zung der Unter­halts­forderung (vgl. BREITSCHMID, a.a.O.). Dem­nach ver­langt eine auf Art. 289 Abs. 2 ZGB bzw. die zivil­rechtliche Funk­tion der Sub­ro­ga­tion abges­timmte Hand­habung von Art. 111 SchKG, dass das Anschlusspriv­i­leg ohne Weit­eres an der Unter­halts­forderung haftet (priv­i­legium causae) und vom bevorschussenden Gemein­we­sen gel­tend gemacht wer­den kann.