Der EuGH hat in der Rechtssache C‑406/10 am 2. Mai 2012 in einer Auseinandersetzung zwischen dem SAS Institute Inc. und der World Programming Ltd u.a. entschieden, dass die Funktionalität eines Programms nicht auf der Grundlage der Computerrichtilinie urheberrechtlich geschützt ist. Dasselbe gilt für die Programmiersprache — eine zur Zeit auch zwischen Oracle und Google diskutierte Frage.
Hintergrund der Auseinandersetzung war das SAS-System, mit dem Nutzer in der SAS-eigenen Sprache Programme (Skripte) schreiben und verwenden können. World Programming Ltd erstellte als Alternative das „World Programming System“, das die Funktionalitäten der SAS-Komponenten nachbildet, damit SAS-Scripts auch mit dem „World Programming System“ ausgeführt werden konnten. SAS klagte in der Folge gegen WPL wegen Verletzung des Urheberrechts an den Computerprogrammen und Handbüchern ihres Systems.
Vor diesem Hintergrund legte der High Court of Justice (England & Wales) dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vor, die der EuGH wie folgt beantwortet:
1. Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen ist dahin auszulegen, dass weder die Funktionalität eines Computerprogramms noch die Programmiersprache oder das Dateiformat, die im Rahmen eines Computerprogramms verwendet werden, um bestimmte Funktionen des Programms zu nutzen, eine Ausdrucksform dieses Programms sind und daher nicht unter den Schutz des Urheberrechts an Computerprogrammen im Sinne dieser Richtlinie fallen.
2. Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 91/250 ist dahin auszulegen, dass die Person, die im Besitz einer lizenzierten Kopie eines Computerprogramms ist, das Funktionieren dieses Programms, ohne die Genehmigung des Urheberrechtsinhabers einholen zu müssen, beobachten, untersuchen oder testen kann, um die einem Programmelement zugrunde liegenden Ideen und Grundsätze zu ermitteln, wenn sie von dieser Lizenz umfasste Handlungen sowie Handlungen zum Laden und Ablaufen vornimmt, die für die Benutzung des Computerprogramms erforderlich sind, und unter der Voraussetzung, dass diese Person die Ausschließlichkeitsrechte des Inhabers des Urheberrechts an diesem Programm nicht verletzt.
3. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist dahin auszulegen, dass die in einem Computerprogramm oder in einem Benutzerhandbuch für dieses Programm erfolgte Vervielfältigung bestimmter Elemente, die in dem urheberrechtlich geschützten Benutzerhandbuch eines anderen Computerprogramms beschrieben werden, eine Verletzung des Urheberrechts an dem letztgenannten Handbuch darstellen kann, sofern – was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist – diese Vervielfältigung die eigene geistige Schöpfung des Urhebers des urheberrechtlich geschützten Benutzerhandbuchs für das Computerprogramm zum Ausdruck bringt.
Die Schlussanträge des Generalanwalts sind hier (auf englisch) zu finden.