4A_66/2012: altrechtliche Vereinbarungen über sachliche Zuständigkeit nach neuer ZPO; sachliche Zuständigkeit bei einfacher Streitgenossenschaft (Kanton ZH) (amtl. Publ.)

Im vor­liegen­den Fall war vor BGer strit­tig, nach welchem Recht (intertem­po­ral) die nach altem Zürcher Prozess­recht zuläs­sige sach­liche Pro­ro­ga­tion des BezGer ZH zu beurteilen ist. Zuerst war das BezGer auf die Klage nicht einge­treten, weil Vere­in­barun­gen über die sach­liche Zuständigkeit nach neuer ZPO nicht mehr gültig geschlossen wer­den kön­nen. Danach trat aber auch das HGer nicht ein, weil sich die Wirk­samkeit ein­er Gerichts­standsvere­in­barung – und zwar auch ein­er solchen mit Bezug auf die sach­liche Zuständigkeit – gemäss ZPO 406 nach dem Recht zum Abschlusszeit­punkt und damit nach alter ZPO/ZH beurteile, so dass die vor­liegende Dero­ga­tion der Zuständigkeit des HGer wirk­sam sei.

Das BGer hält – im Gegen­satz also zum HGer ZH – fest, dass ZPO 406 nur Vere­in­barun­gen über die örtliche Zuständigkeit erfasst. Damit beurteilen sich Vere­in­barun­gen über die sach­liche Zuständigkeit stets nach neuem Recht. (Bei bere­its ein­geleit­eten Kla­gen ent­fällt aber eine altrechtlich qua Vere­in­barung begrün­dete sach­liche Zuständigkeit nicht: ZPO 404).

Die vor­liegend rel­e­vante Klage hat­te sich gegen mehrere Parteien gerichtet, näm­lich die Bestel­lerin als Werk­lohn­schuld­ner­in und gegen mehrere Drittp­fan­deigen­tümer auf Ein­tra­gung eines Bauhandw­erk­erp­fan­drechts. Diese Parteien kön­nen nach ZPO 71 nur dann gemein­sam verk­lagt wer­den, wenn die Kla­gen auf gle­ichar­ti­gen Tat­sachen oder Rechts­grün­den beruhen (das war hier der Fall) und wenn jew­eils die gle­iche Ver­fahren­sart anwend­bar ist (auch dies traf zu). Darüber hin­aus erfordert die Kla­gen­häu­fung aber auch jew­eils die gle­iche sach­liche Zuständigkeit, auch wenn ZPO 71 dies nicht aus­drück­lich fes­thält. Die Kan­tone dür­fen nun eine ein­heitliche sach­liche Zuständigkeit für ein­fache Stre­itgenossen vorse­hen – nicht beim HGer, weil dessen Zuständigkeit vom Bun­desrecht abschliessend bes­timmt wird, aber bei enem ordentlichen Gericht.

Das HGer ZH war nun von ein­er stillschweigen­den kan­tonalen Regelung aus­ge­gan­gen, wonach das BezGer ZH sach­lich für alle erhobe­nen Kla­gen zuständig ist, so dass die Zuständigkeit des HGer auch aus diesem Grund ent­fiel. Das BGer kon­nte dies nicht über­prüfen, weil der Beschw­erde­führer keine Willkür gel­tend gemacht hat­te. Deshalb war der Nichtein­tretensentscheid des HGer ZH im Ergeb­nis zu schützen, auch wenn seine Ausle­gung von ZPO 406 ver­wor­fen wurde.

Kosten für das bun­des­gerichtliche Ver­fahrens wur­den nicht erhoben, denn auf­grund des neg­a­tiv­en Kom­pe­ten­zkon­flik­ts musste das BGer angerufen wer­den. Der Kan­ton ZH wurde entschädigungspflichtig.