Der Liquidator der SAirGroup, Karl Wüthrich, hatte gegen den ehemaligen CEO und CFO und zehn ehemalige VR-Mitglieder der SAirGroup auf Schadenersatz von rund CHF 280 Mio. aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit geklagt. Vorgeworfen wurden den Beklagten die Verschiebung der Roscor Inc. im Dezember 2000 ohne Gegenleistung von der SAirGroup auf die SAirLines, worauf die Roscor Inc. in die SAirLines fusioniert wurde. Die SAirLines sei bereits damalas überschuldet gewesen. Vor der Transaktion habe die Roscor für die SAirGroup einen Wert von rund CHF 333 Mio. dargestellt. Durch die Übertragung der Roscor sei diese aus der Bilanz der SAirGroup verschwunden, ohne dass im Gegenzug der Beteiligungswert am anderen Aktivum SAirLines einen entsprechenden Wertzuwachs erfahren hätte.
BezGer ZH und OGer ZH haben die Klage abgewiesen. Das OGer ZH sah erstens keine Überschuldung im relevanten Zeitpunkt. Als Eventualbegründung hatte es angeführt, eine allfällige Überschuldung der SAirLines sei durch die Transaktion behoben worden, so dass für die SAirGroup ein unmittelbarer Vorteil im Umfang des die Überschuldung übersteigenden Betrages entstanden sei. Der Entscheid zur Transaktion sei zumindest vertretbar gewesen und habe daher keine Pflichtverletzung bedeutet. Subeventuell verneinte das OGer eine Pflichtverletzung selbst für den “schlechtesten” Fall, dass eine Überschuldung der SAirLines durch die Transaktion nicht behoben, sondern nur verringert worden sei, weil die Transaktion wenigstens die für den Konzern wichtige Weiterexistenz der SAirLines jedenfalls am Stichtag gesichert habe. Betreffend die nicht aktiv handelnden Verwaltungsratsmitglieder hatte das OGer sodann erwogen, die Pflichtwidrigkeit könne nicht im Abschluss des Geschäfts liegen, weil diese keine Kenntnis von der Transaktion gehabt hätten. Ob dabei die Aufsichts- und Kontrollfunktion verletzt wurde, liess das OGer offen, weil die von den Konzernleitungsmitgliedern vorgenommene Transaktion ihrerseits keine pflichtwidrige Handlung darstelle. Und schliesslich fehlte es an der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden, weil selbst ein pflichtgemässes Verhalten (rechtmässiges Alternativverhalten) zum selben Ergebnis geführt hätte.
Das BGer geht zunächst in verfahrensrechtlicher Hinsicht auf die Frage ein, ob der Gehörsanspruch der Beschwerdeführerin (die Nachlassmasse der SAirGroup) im Verfahren vor BezGer ZH verletzt worden war. Das BezGer hatte nach Eingang der Dupliken verfügt, das Hauptverfahren sei geschlossen; der Beschwerdeführerin werde gegebenenfalls später Frist zur Stellungnahme zu Noven in den Duplikschriften angesetzt. Darauf hatte die Beschwerdeführerin auf eine Stellungnahme zu den Dupliken verzichtet.
Das BGer geht von der grundsätzlichen Pflicht aus, sich zu Duplikschriften unverzüglich zu äussern oder eine Äusserungsmöglichkeit zu beantragen, wenn dies für erforderlich gehalten wird. Hier war deshalb nur fraglich, ob die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin davon entbunden war, weil das BezGer verfügt hatte, es werde gegebenenfalls später Frist zur Stellungnahme zu Noven angesetzt. Das OGer ZH folgte diesem Argument. Das BGer ist strenger:
Entgegen der Vorinstanz liesse sich die Auffassung der Beschwerdegegner ebenso gut vertreten, dass die Beschwerdeführerin trotz der in Aussicht gestellten Fristansetzung von sich aus hätte Stellung nehmen müssen, wenn sie eine solche nicht bloss “gegebenenfalls” sondern in jedem Fall für erforderlich hielt (in diesem Sinne Urteil 4D_46/2011 vom 13. September 2011 E. 4). Dazu wäre sie nach der publizierten Rechtsprechung zu Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK (Erwägung 4.1) berechtigt und gehalten gewesen. Dass ihr eine Stellungnahme vom Bezirksgericht verwehrt worden wäre, ist nicht dargetan.
Das BGer lässt die Frage aber offen, weil die Gehörsverletzung ohnehin geheilt worden wäre. Weiter weist das BGer den Einwand des überspitzten Formalismus und die Sachverhaltsrügen der Beschwerdeführerin zurück. Auch der Vorwurf der überhöhten Anforderungen an die Substantiierung wurde zurückgewiesen, so dass auch der Vorwurf, das Recht auf den Gegenbeweis sei verletzt worden, nicht verfing.
Weitere Rügen bezogen sich auf die Sachverhaltsfeststellung und hier u.a. auf die Bewertung der beteiligten Gesellschaften. So war das OGer ZH davon ausgegangen, dass ein Erlös aus dem Markennamen “Swissair” von CHF 660 Mio. (stille Reserven auf dem Markennamen) bei der SAirLines (und nicht der SAirGroup) zu berücksichtigen gewesen wäre und dass die SAirLines selbst nach dem Grounding am noch einen Marktwert von rund CHF 1 Mia. gehabt hätte. Die entsprechenden substanziierten Behauptungen der Beklagten hatte die Beschwerdeführerin nicht substanziiert bestritten, ohne dass sie vor BGer zeigen konnte, welche ihrer Vorbringen ausreichend gewesen wären bzw. inwiefern das OGer überhöhte Anforderungen an die Substanziierung der Bestreitung gestellt habe.
Auch die Feststellung fehlender Überschuldung der SAirGroup und der SAirLines (gestützt auf aktenkundige und geprüfte Jahresrechnungen 2000) wurde gestützt auf ZGB 8 und das Willkürverbot angefochten; auch dies erfolglos. Dasselbe gilt für die Feststellung, ein Konkurs der SAirLines wohl auch den Konkurs der SAirGroup nach sich gezogen, so dass beide “in schicksalhafter Gemeinschaft verbunden” gewesen seien. Auch dass das von der Beschwerdeführerin angeführte Sanierungskonzept erfolgreicher gewesen wäre (rechtmässiges Alternativverhalten) stand nicht fest.
In der Sache konnte das BGer die behaupteten Verletzungen von OR 716a I 3, OR 662 ff. und OR 717 I aufgrund der Sachverhaltsfeststellung bzw. mangels Entscheidrelevanz ohne grösseren Aufwand zurückweisen.