Gegenstand des vorliegenden Urteils war die Kostenverlegung beim Entscheid über vorsorgliche Beweisführung i.S.v. ZPO 158. Die Vorinstanz, das HGer AG, hatte das Beweisführungsbegehren gutgeheissen und einen gerichtlichen Sachverständigen zur Beurteilung von Bauschäden bestellt. Die dafür anfallenden Kosten hatte es den beteiligten Parteien zu gleichen Teilen auferlegt, gestützt auf ZPO 107 I lit. f, weil auch die beiden Gesuchsgegnerinnen Gutachterfragen gestellt hatten.
Das BGer heisst die dagegen gerichtete Beschwerde gut. Grundsätzlich wird die unterliegende Partei kostenpflichtig (ZPO 106 I), doch gibt es bei der vorsorglichen Beweisführung im Normalfall keine unterliegende Seite, so dass nach Lehre und Rechtsprechung zu den bisherigen kantonalen Regelungen der Gesuchsteller – unter Vorbehalt einer anderen Verteilung im Hauptprozess – die Gerichts- und Beweiskosten der vorsorglichen Beweisführung vor Einleitung des Hauptprozesses zu tragen hat (so auch OR 367 II). Der Gesuchsgegner wird jedoch kostenpflichtig, wenn die vorsorgliche Beweisführung auf seinen Antrag auf weitere Tatsachen oder Beweismittel ausgedehnt wird, nicht aber bei blossen Zusatz- oder Erläuterungsfragen, die Bestandteil der vom Gesuchsteller verlangten Beweisführung bilden.
Diese Grundsätze hatte das HGer AG verletzt. Das BGer prüft zunächst die Tragweite von ZPO 107 I lit. f (Verteilung nach Ermessen) und hält Folgendes fest:
4.2 […] Das Gesetz räumt dem Gericht den Spielraum ein, auf Billigkeitserwägungen zurückzugreifen, wenn im Einzelfall die Belastung der unterlegenen Partei mit Prozesskosten als ungerecht erscheint […]. Dazu wurden in Art. 107 Abs. 1 lit. a‑f ZPO typisierte Fallgruppen geschaffen. So nennt Art. 107 Abs. 1 lit. f ZPO andere besondere Umstände und bildet damit einen Auffangtatbestand. [Hinweise auf Beispiele und Botschaft]. […] Daraus lässt sich der Grundsatz ableiten, dass die Anwendung des Auffangtatbestandes einerseits bei erheblicher wirtschaftlicher Disparität der Parteien greifen kann und andererseits gestützt auf die angeführte Bestimmung eine Kostenauflage gegenüber der nicht unterlegenen Partei begründet ist, wenn und soweit diese durch ihr Verhalten ungerechtfertigten Aufwand zu verantworten hat.
Die vorliegende Konstellation — Ergänzungsfragen; s. oben — rechtfertigt dagegen nicht die Anwendung von ZPO 107 I lit. f:
[…] Selbst wenn diese Fragen einen Mehraufwand des Gutachters zur Folge gehabt haben sollten, würde dies indessen für sich genommen nicht rechtfertigen, die Partei, die diese Fragen eingereicht hat, mit den für deren Beantwortung anfallenden Kosten zu belasten. Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin 1 darf die Ergänzungsfragen stellende Partei, auch wenn sie mit der Anordnung der vorsorglichen Beweisabnahmen einverstanden war, nicht so behandelt werden, wie wenn sie selbst ein Gesuch um vorsorgliche Beweisführung gestellt hätte. Es ist nämlich Sache des Gerichts, dafür zu sorgen, dass der durch das Gesuch definierte Prozessgegenstand gewahrt bleibt und nicht durch Ergänzungsfragen erweitert wird. Die (mutmassliche) Gegenpartei des (künftigen) Prozesses ist zwar im Verfahren der vorsorglichen Beweisführung anzuhören […]. Stellt sie bei der Wahrnehmung ihres Gehörsanspruchs jedoch Fragen, die den durch die das Gesuch stellende Partei abgesteckten Rahmen sprengen, hat das Gericht diese als unzulässig zu erklären und dem Gutachter nicht zu unterbreiten […]. Der endgültige Entscheid über die Formulierung der Fragen obliegt stets dem Gericht […].
Im vorliegenden Fall hatte das HGer AG diese Verantwortung wahrgenommen und die von den Parteien gestellten Fragen überprüft, z.T. umformuliert und über deren Zulassung entschieden. Folglich betrafen die Ergänzungsfragen das von der Gesuchstellerin bestimmte Beweisthema. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, welche ZPO 107 I lit. f zugrunde liegenden Billigkeitserwägungen die Kostenverteilung rechtfertigen konnten. Der Entscheid des HGer AG
[…] läuft dem Regelungsgedanken von Art. 107 Abs. 1 lit. f ZPO, der Billigkeit zum Durchbruch zu verhelfen, stracks zuwider. Willkür ist mithin rechtsgenüglich dargetan.