Im vorliegenden Urteil weist das BGer eine Beschwerde gegen ein Schiedsurteil ab. Das BGer ging dabei praxisgemäss von folgendem Grundsatz aus:
3.1 Die Partei, die sich durch eine Verweierung des rechtlichen Gehörs oder einen anderen nach Art. 190 Abs. 2 IPRG relevanten Verfahrensmangel für benachteiligt hält, verwirkt ihre Rügen, wenn sie diese nicht rechtzeitig im Schiedsverfahren vorbringt und nicht alle zumutbaren Anstrengungen unternimmt, um den Mangel zu beseitigen […]
Die Beschwerdeführerinnen hatten konkret geltend gemacht, weniger Zeit als die Gegenseite für Zeugenbefragungen erhalten zu haben. Dies hatte sie im Schiedsverfahren wie folgt vorgebracht (Auszüge aus dem Verhandlungsprotokoll):
“[Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen]: A short statement as to time and as to language. Just for the record, in our figures I estimate that as the total time spent all together the Claimant has spent 18 hours and 50 minutes, the Respondent only 13 hours and 3 minutes, more than five hours less. (…) May I refer you to order number 9 paragraph 7. ‘The parties will have equal time during the evidential hearing to use’ and it goes on, which confirms this point. Mr Chairman, reluctantly, and by no means personally, I have to raise in that respect objections. The Respondent’s right to be heard and to be treated equally is really at stake here. We had to reduce our questions in chief, in cross and in re.”
”[Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen]: Having heard Claimant has used more than 23 hours and we only 14 hours I think that my initial remarks as to the imbalance of time are still maintained.”
”[Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen]: (…) I must say, I have not checked it, that we were stopped asking questions on several occasions even if it now turns out that the Claimant are upfront more than nine hours. That is a point where I really feel that we were at a disadvantage.”
Die (wohl einfach höflichen) Einwände des Anwalts waren aus Sicht des BGer allerdings nicht ausreichend bestimmt:
Mit diesen Vorbringen hat der Rechtsvertreter der
Beschwerdeführerinnen angetönt, dass seiner Ansicht nach die
Gleichbehandlung “auf dem Spiel” stünde und er das Gefühl habe, “im
Nachteil” zu sein. Dabei handelt es sich zwar durchaus um Einwände
(“objections”) bzw. (kritische) Bemerkungen (“remarks”) betreffend die
Verfahrensführung, eine hinreichend deutliche Rüge, das Verfahren leide
an einem Verfahrensmangel im Sinne von Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG, kann darin jedoch kaum gesehen werden.
Darüber hinaus haben die Beschwerdeführerinnen keine Anträge auf Wiederholung bzw. Ergänzung von Zeugeneinvernahmen gestellt und damit nicht alle zumutbaren Anstrengungen unternommen, um dem Schiedsgericht die Gelegenheit zu geben, die angebliche Ungleichbehandlung zu beseitigen. Damit war das Recht, sich vor Bundesgericht auf eine Ungleichbehandlung i.S. von Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG zu berufen, verwirkt.
Das BGer verneinte schliesslich eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör wegen überraschender Rechtsanwendung, obwohl sich das Schiedsgericht bei der Auslegung einer “reasonable endeavours”-Klausel [vgl. dazu den lesenswerten Aufsatz von Ken Adams] auf die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage gestützt hatte, was für das BGer “[…] nicht gänzlich nachvollziehbar erschein[t]”. Massgebend war, für das BGer, dabei Folgendes:
Denn das Schiedsgericht hat seinen Entscheid nicht auf eine Auslegung
von Ziff. 8.5 abgestützt, mit welcher die Beschwerdeführerinnen
überhaupt nicht rechnen mussten. Es hat vielmehr einen Standard an “best
endeavours” festgelegt, welcher sich in der Bandbreite bewegt, die
durch die Parteivorbringen abgesteckt war. Wie die Beschwerdegegnerin in ihrer Vernehmlassung zutreffend vorbringt, war der vom Schiedsgericht ermittelte Standard denn auch argumentativ von den Parteien abgedeckt und die Parteien mussten damit rechnen, dass das Schiedsgericht eine Lösung zwischen ihren extremen Standpunkten finden könnte.