Das Bundesgericht hatte Gelegenheit, sich in einem Fall ausführlich zur materiellen Rechtskraft und zum Begriff des identischen Streitgegenstandes zu äussern (BGer. 4A_496/2012 vom 25. Februar 2013):
3.1 Materielle Rechtskraft bedeutet Massgeblichkeit eines formell
rechtskräftigen Urteils in jedem späteren Verfahren unter denselben
Parteien. Sie hat eine positive und eine negative Wirkung (statt aller
SIMON ZINGG, in: Berner Kommentar, 2012, N. 95 zu Art. 59 ZPO).
In positiver Hinsicht bindet die materielle Rechtskraft das Gericht in
einem späteren Prozess an alles, was im Urteilsdispositiv des früheren
Prozesses festgestellt wurde (sog. Präjudizialitäts- oder
Bindungswirkung, vgl. BGE 116 II 738 E. 3 S. 744; 121 III 474
E. 4a S. 478). In negativer Hinsicht verbietet die materielle
Rechtskraft jedem späteren Gericht, auf eine Klage einzutreten, deren
Streitgegenstand mit dem rechtskräftig beurteilten (res iudicata, d.h.
abgeurteilte Sache i.S.v. Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO)
identisch ist, sofern der Kläger nicht ein schutzwürdiges Interesse an
Wiederholung des früheren Entscheids geltend machen kann (vgl. BGE 121 III 474
E. 2 S. 477; zum Wiederholungsinteresse MICHAEL BEGLINGER, Rechtskraft
und Rechtskraftdurchbrechung im Zivilprozess, ZBJV 133 [1997], S. 613).
Die materielle Rechtskraft eines Urteils erstreckt sich nach dem
Grundsatz der Präklusion auf den individualisierten Anspruch schlechthin
und schliesst Angriffe auf sämtliche Tatsachen aus, die im Zeitpunkt
des Urteils bereits bestanden hatten, unabhängig davon, ob sie den
Parteien bekannt waren, von diesen vorgebracht oder vom Richter
beweismässig als erstellt erachtet wurden (grundlegend BGE 115 II 187 E. 3b; vgl. ferner BGE 116 II 738 E. 2b S. 744; Urteil 5A_438/2007 vom 20. November 2007 E. 2.2.1).
[…]
3.2.3 Das Bundesgericht hat die Ambivalenz im
Zusammenhang mit den Formulierungen der Rechtsprechung, in denen der
Rechtsgrund enthalten ist, und denjenigen, die ohne den Rechtsgrund
auskommen, 1997 in einem nicht in der amtlichen Sammlung publizierten
Urteil geklärt. Dort hielt es fest, dass der Begriff Rechtsgrund nicht
im technischen Sinn als angerufene Rechtsnorm, sondern im Sinne des
Entstehungsgrundes zu verstehen ist, worauf in BGE 123 III 16 E. 2a sowie BGE 121 III 474
E. 4a Bezug genommen wurde (Urteil 4C.385/1995 vom 1. Mai 1997 E. 2d).
In beiden letztgenannten Entscheiden wird jeweils innerhalb der gleichen
Erwägung einerseits (a.a.O., am Anfang der E. 2a bzw. 4a) Identität
bejaht, “wenn der [prozessuale] Anspruch dem Richter aus demselben
Rechtsgrund und gestützt auf denselben Sachverhalt erneut zur
Beurteilung unterbreitet wird”, aber andererseits (a.a.O., am Ende der
E. 2a bzw. 4a) die Identität von Rechtsbehauptungen (d.h. von
prozessualen Ansprüchen) verneint, “wenn sie nicht auf denselben
Tatsachen und rechtlichen Umständen beruhen”. Die beiden Aussagen lassen
sich miteinander in Einklang bringen durch die präzisierte Formel, dass
die Identität von prozessualen Ansprüchen nach den Klageanträgen und
dem behaupteten Lebenssachverhalt, d.h. dem Tatsachenfundament, auf das
sich die Klagebegehren stützen, beurteilt wird (so Urteil 4A_574/2010
vom 21. März 2011, E. 2.3.1; BGE 136 III 123
E. 4.3.1 S. 126). Dabei ist der Begriff der Anspruchsidentität nicht
grammatikalisch, sondern inhaltlich zu verstehen. Der neue prozessuale
Anspruch ist deshalb trotz abweichender Umschreibung vom beurteilten
nicht verschieden, wenn er in diesem bereits enthalten war oder wenn im
neuen Verfahren das kontradiktorische Gegenteil zur Beurteilung gestellt
wird (BGE 123 III 16 S. 19 E. 2a).