9C_687/2012: Besitzstandsgarantie gemäss PUBLICA-Gesetz (amtl. Publ.)

B. arbeit­ete seit 1998 im Bun­de­samt X. und war bei der Pen­sion­skasse des Bun­des PUBLICA berufsvor­sorgev­er­sichert. Die PUBLICA vol­l­zog auf den 1. Juli 2008 den Wech­sel vom Leis­tungs- zum Beitragspri­mat. Im sel­ben Monat teilte die PUBLICA der B. mit, sie habe gestützt auf Art. 25 PUB­LI­CA-Gesetz Anspruch auf eine Besitz­s­tands­garantie. Ende Feb­ru­ar 2009 ging B. in Pen­sion. PUBLICA richtete ihr eine jährliche Alter­srente sowie eine ein­ma­lige Kap­i­ta­l­abfind­ung aus. B. beantragte, es sei ihr eine zusät­zliche Kap­i­ta­lauszahlung auszurichten.

Das Bun­des­gericht hat­te ein­er­seits zu klären, ob die Besitz­s­tands­garantie gemäss Art. 25 PUB­LI­CA-Gesetz auch bei einem teil­weisen Kap­i­tal­bezug Anwen­dung find­et. Weit­er stellte sich die Frage, ob die ver­sicherungs­math­e­ma­tis­che Kürzung des garantierten Anspruchs nach bish­erigem Recht vorzunehmen ist. Das Bun­des­gericht gab B. Recht, indem es entsch­ied, dass sich die Besitz­s­tands­garantie gemäss Art. 25 PUB­LI­CA-Gesetz auch auf die Kap­i­talzahlung erstreckt, und dass die Kürzung des Anspruchs nach bish­erigem Recht vorzunehmen ist (BGer. 9C_687/2012 vom 1. Mai 2013):

5.

5.1 PUB­LI­CA-Gesetz, PKBV 1 und VRAB sind
öffentlich-rechtliche Erlasse. Deren Bes­tim­mungen, ins­beson­dere Art. 25
PUB­LI­CA-Gesetz, sind somit nach den Regeln der Geset­ze­sausle­gung zu
inter­pretieren (BGE 138 V 98 E. 5.1 S. 102; 133 V 314 E. 4.1 S. 316 mit Hinweisen). […]

5.2 Der Wort­laut von Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz
spricht vom Anspruch auf eine Besitz­s­tands­garantie. Der Anspruch bezieht
sich somit nicht unmit­tel­bar auf die Alter­srente nach bish­erigem Recht,
wie die Vorin­stanz insoweit richtig erkan­nt hat. Die bei der Auslegung
eben­falls zu berück­sichti­gende Über­schrift zu dieser Bestimmung
“Garantie der Alter­srenten für die Über­gangs­gen­er­a­tion” zeigt indessen,
wie die fragliche Wen­dung zu ver­ste­hen ist. Danach beste­ht für den
genan­nten Ver­sichertenkreis eine sta­tis­che Besitz­s­tands­garantie im
Umfang von 95 Prozent der nach bish­erigem Recht im Alter von 62 Jahren
erre­ich­baren Alter­srente (vgl. auch Urteil 9C_769/2009 vom 9. April 2010
E. 4.1). Mit anderen Worten ist dieser Anspruch Gegen­stand der
Besitz­s­tands­garantie. Dieses Ver­ständ­nis ergibt sich auch aus der
bun­desrätlichen Botschaft, wo etwa von betragsmäs­sig garantiertem
Besitz­s­tand bzw. garantiert­er Rente die Rede ist (BBl 2005 5879 zu Art.
26 und 5914 Ziff. 4.1.1.6). Dabei bedeutet statische
Besitz­s­tands­garantie, dass die (nach bish­erigem Recht erreichbare)
Alter­srente grund­sät­zlich auf­grund des zulet­zt (ab 1. Jan­u­ar 2008)
aus­bezahlten Lohnes fest­ge­set­zt wird (BBl, a.a.O.; Art. 13 Abs. 1 und
Art. 32 f. PKBV 1; SVR 2010 BVG Nr. 29 S. 112, 9C_869/2009 E. 2.3). Dass
Art. 25 Satz 1 PUB­LI­CA-Gesetz von erre­ich­bar­er und nicht von erworbener
Alter­srente spricht, wie in Art. 32 und Art. 33 Abs. 3 PKBV 1,
ist damit zu erk­lären, dass es diesen mit dem Leis­tung­spri­mat eng
verknüpften Begriff im neuen Sys­tem des Beitragspri­mats nicht mehr gibt.
5.3 Aus dem Vorste­hen­den kann indessen nicht
gefol­gert wer­den, dass die Besitz­s­tands­garantie nach Art. 25 Satz 1
PUB­LI­CA-Gesetz nur und soweit gilt, als eine Alter­srente bezo­gen wird,
die (altrechtliche) ein­ma­lige Kap­i­ta­l­abfind­ung gemäss Art. 35 Abs. 1 PKBV 1
mithin nicht darunter fällt. Gegen­teils wider­spräche es dem
Grundgedanken der Garantie (Schutz der Erwartung­shal­tung insbesondere
der aktiv­en Ver­sicherten der Über­gangs­gen­er­a­tion, mit 62 Jahren und 40
Ver­sicherungs­jahren mit vollem Renten­genuss in Pen­sion gehen zu können;
BBl 2005 5879 zu Art. 26; vgl. auch AB 2006 N 825 [Votum Heim]),
dies­bezüglich nach der Form des Bezugs der Alter­sleis­tung zu
unter­schei­den. Laut Botschaft sollen “die beim Inkraft­treten dieses
Geset­zes 55‑, aber noch nicht 65-jähri­gen Ver­sicherten noch von den
gel­tenden gün­stigeren Modal­itäten des vorzeit­i­gen Altersrücktritts
ein­schliesslich der Über­brück­ungsrente Gebrauch machen kön­nen” (BBl 2005
5879 zu Art. 26). Der Kap­i­tal­bezug ist eine solche Modal­ität des
Rente­nanspruchs (Urteil des Eidg. Ver­sicherungs­gerichts B 74/03 vom 29.
März 2004 E. 3.3.2), auf die sich die Besitz­s­tands­garantie nach Art. 25
Satz 1 PUB­LI­CA-Gesetz somit eben­falls erstreckt. Die Kapitalabfindung
nach Art. 35 Abs. 1 PKBV 1
entspricht denn auch wert­mäs­sig dem nicht bezo­ge­nen Teil der
Alter­srente, berech­net anhand der ver­sicherung­stech­nis­chen Unterlagen
der Pen­sion­skasse. Im Übri­gen räumt auch die Pub­li­ca ein, dass in der
Botschaft die Begriffe Alter­srenten und Alter­sleis­tun­gen, worunter nach
bish­erigem und nach neuem Recht sowohl die Alter­srente als auch die
Kap­i­ta­l­abfind­ung fall­en (vgl. Über­schriften 5. Kapi­tel 2. Abschnitt [Art. 32 ff. PKBV 1] und Art. 33 und 35 PKBV 1 sowie 6. Kapi­tel 1. Abschnitt [Art. 36 ff. VRAB] und Art. 39 f. VRAB), nicht immer präzise ver­wen­det werden. […]
5.5 Die Besitz­s­tands­garantie nach Art. 25 Satz 1
PUB­LI­CA-Gesetz gilt somit nicht nur und soweit, als eine Altersrente
bezo­gen wird, son­dern kommt auch bei einem teil­weisen Kap­i­tal­bezug im
Rah­men von Art. 35 Abs. 1 PKBV 1 zum Tragen.
6.
6.1 Gemäss Art. 25 Satz 2 PUB­LI­CA-Gesetz ist der in
Satz 1 garantierte Anspruch bei frei­williger vorzeit­iger Pensionierung
vor dem vol­len­de­ten 62. Alter­s­jahr ver­sicherungs­math­e­ma­tisch zu kürzen.
Nach welchem Recht und wie die Kürzung vorzunehmen ist, wird nicht
gesagt. […]
6.2 Im Urteil 9C_690/2012 vom 5. April 2013 hat das Bundesgericht
entsch­ieden, dass (auch) die ver­sicherungs­math­e­ma­tis­che Kürzung des
garantierten Anspruchs (von 95 Prozent der nach bish­erigem Recht im
Alter von 62 Jahren erre­ich­baren Alter­srente) gemäss Art. 25 Satz 2
PUB­LI­CA-Gesetz nach dem bish­erigem Recht vorzunehmen ist. Anwend­bar ist
somit Art. 33 Abs. 4 PBKV 1. […]