4A_10/2013: auf den Direktanspruch bei mehrgliedrigen Banküberweisungen anwendbares Recht

Das BGer hat­te im vor­liegen­den Fall Ansprüche des Kun­den ein­er Bank gegenüber ein­er Drit­tbank im Zusam­men­hang mit ein­er mehrgliedri­gen Banküber­weisung zu beurteilen. Der Kläger (Bankkunde) ist eine aus­tralis­che Gesellschaft. Er hat­te seine aus­tralis­che Bank damit beauf­tragt, eine Über­weisung die beklagte Bank zugun­sten des Kon­tos ein­er bes­timmten Gesellschaft zu täti­gen. Die Über­weisung von USD 5 Mio. erfol­gte über eine US-Bank und schliesslich, nach Darstel­lung der Klägerin, an die falsche Empfän­gerin, welche über die Gelder unwieder­bringlich ver­fügte. Zu beurteilen war deshalb der Anspruch der geschädigten Auf­tragge­berin gegen die schweiz­erische Bank.

Das BGer hat­te diesen Vor­gang, der die eigentlichen Anweisun­gen und die (in der Regel auf­tragsrechtlichen) Beziehun­gen zwis­chen den Parteien, die den Anweisun­gen zu Grunde liegen, umfasst. Das HGer ZH als Vorin­stanz hat­te dabei erwogen, das auf einen allfäl­li­gen Direk­tanspruch des Über­weisenden gegen die Empfänger­bank anwend­bare Recht sei nicht nach IPRG 117 zu bes­tim­men. Der Ver­trags­be­griff von IPRG 117 müsse nicht materiellem schweiz­erischen Recht entsprechen — angesichts der gewün­scht­en Har­mon­isierung der Regelun­gen des IPRG und jen­er des LugÜ sei im Gegen­teil die Recht­sprechung des EuGH zu LugÜ 5 Nr. 1 her­anzuziehen. Daher seien Kon­stel­la­tio­nen von IPRG 117 nicht erfasst, wo “keine von ein­er Partei gegenüber ein­er anderen frei­willig einge­gan­gene Verpflich­tung vor­liegt”. Fol­glich beste­he zwis­chen dem Erstüber­weis­er und der Empfänger­bank in ein­er mehrgliedri­gen Banküber­weisung kein Ver­trag iSv IPRG 117. Doch selb­st wenn ein Direk­tanspruch gestützt auf eine Auf­tragssub­sti­tu­tion wie nach OR 399 bestünde, wäre dieser (und auch seine Ver­jährung) nach dem Recht des Haup­tauf­tragsver­hält­niss­es zu beurteilen, hier also nach aus­tralis­chem Recht.
 

Dage­gen wandte die Beschw­erde­führerin ein,

  • die Ver­weisungsnor­men des IPRG seien nach dem materiellen Recht auszule­gen; in den von der Vorin­stanz zitierten BGE 135 III 556 und 126 III 334 sei es um die Har­mon­isierung nur der Zuständigkeit­en gegangen 
  • auch die Recht­sprechung des EuGH gehe von einem weit­en Ver­trags­be­griff aus; 
  • mehrgliedrige Bankenüber­weisun­gen stellen nach der bun­des­gerichtlichen Recht­sprechung ein ein­heitlich­es Rechts­geschäft dar, und die charak­ter­is­tis­che Leis­tung sei dabei jene der Empfänger­bank, so dass schweiz­erisches Recht anwend­bar sei.
      

 Das BGer ver­weist jedoch darauf, dass sich der ver­tragliche Anspruch des Über­weisenden nach schweiz­erischem Recht nicht aus seinem Ver­hält­nis zur Empfänger­bank ergibt, son­dern jen­em zur Erst­bank (entwed­er aus OR 399 III oder aus OR 112). Soweit dieser Anspruch unmit­tel­bar mit den Inter­essen der Beteiligten begrün­det wird, set­zt dies die Erkennbarkeit des Schutzbedürfniss­es des Über­weisenden voraus (BGE 121 III 310 E. 3c S. 317). Dies set­zt im inter­na­tionalen Ver­hält­nis voraus, dass die Wer­tun­gen der involvierten Recht­sor­d­nun­gen übere­in­stim­men, wobei wieder der Vere­in­barung zwis­chen dem Über­weisenden und der Erst­bank mass­gebende Bedeu­tung zukommt.
 

Also könne die Beschw­erde­führerin aus ihrem Direk­tanspruch nach schweiz­erischem Recht nichts ableit­en, soweit ihrer Vere­in­barung mit der Erst­bank nach dem darauf anwend­baren Recht keine entsprechende Wirkung zukommt. Dem­nach war nicht zu bean­standen, dass das HGer ZH einen allfäl­li­gen Direk­tanspruch und dessen Ver­jährung akzes­sorisch an den Ver­trag zwis­chen der Erst­bank und der Beschw­erde­führerin angeknüpft und aus­tralis­chem Recht unter­stellt hat.

Damit war die Beschw­erde der Klägerin abzuweisen.