Ein gelernter Feinmechaniker war 26 Jahre lang bei derselben Arbeitgeberin angestellt. Mit Verfügung vom 12. Mai 2009 sprach ihm die IV-Stelle Bern rückwirkend ab 1. Juli 2003 eine ganze Rente zu (Invaliditätsgrad von 65 % bis 31. Dezember 2003 bzw. 70 % ab 1. Januar 2004). Am 5. Juni 2009 löste die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung auf, obwohl der Arbeitnehmer bis zum Schluss einer Resterwerbstätigkeit nachgekommen war. Die Arbeitgeberin verwies auf das Personalhandbuch, wonach das Arbeitsverhältnis mit dem Erhalt einer ganzen IV-Rente beendigt wurde (BGer. 9C_1033/2012 vom 8. November 2013, E. 4.2). Die Pensionskasse anerkannte im Grundsatz den Anspruch des Feinmechanikers auf eine Invalidenrente der beruflichen Vorsorge, verweigerte jedoch die Auszahlung. Als Begründung führte sie aus, die Rente sei wegen eines Vorbezugs für Wohneigentum und zufolge Überentschädigung zu kürzen.
Der Arbeitnehmer klagte gegen die Pensionskasse beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, das die Klage wegen Überschreitung der Überentschädigungsgrenze abwies. Das Bundesgericht hob diesen Entscheid auf, soweit er angefochten wurde, und wies die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz.
Der Feinmechaniker hatte eine Verletzung des Gehörsanspruchs durch die Pensionskasse geltend gemacht (E. 2). Streitig war überdies, ob die Pensionskasse gestützt auf Art. 24 BVV 2 berechtigt war, dem Beschwerdeführer bei der Bemessung der Invalidenrente ein fiktives Erwerbs- oder Ersatzeinkommen anzurechnen und ihm gestützt darauf zur Vermeidung einer Überentschädigung die Ausrichtung der IV-Rente der beruflichen Vorsorge zu verweigern (E. 2 und 3.1).
Betreffend das rechtliche Gehör erinnerte das Bundesgericht an BGE 134 V 64, wonach die versicherte Person über die persönlichen Umstände und die tatsächliche Lage auf dem im Einzelfall relevanten Arbeitsmarkt anzuhören ist. In Konkretisierung dieser Rechtsprechung führte das Bundesgericht das Folgende aus (E. 4.1):
Im Lichte des in E. 3.2 Gesagten ist die koordinationsrechtliche Kürzung
einer BVG-Invalidenrente nicht ein rein rechnerischer Entscheid.
Vielmehr hat die Pensionskasse den Versicherten ins Verfahren
einzubeziehen, d.h. zu prüfen, ob von den Kriterien der
Invalidenversicherung abzuweichen ist und einen eigenen
Ermessensentscheid zu fällen (FELIX SCHMID/MARTIN WÜRMLI, Das
mutmassliche Erwerbseinkommen nach Art. 24 BVV 2,
in: AJP 2008 S. 724 vor Ziff. 4). Nachdem das Klageverfahren der
ursprünglichen Verwaltungsrechtspflege, wie sie im Berufsvorsorgeprozess
gemäss Art. 73 Abs. 1 BVG stattfindet, keine Verfügung zum Ausgangspunkt hat (BGE 138 V 86 E. 5.2.3 S. 97; 129 V 450
E. 2 S. 452) und das Bundesrecht zum dargelegten Vorgehen bei der
Überversicherungsberechnung nichts Weiteres vorschreibt — das
Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts
(ATSG) erfasst die berufliche Vorsorge grundsätzlich nicht -, liegen
Form und Modalität des Einbezugs der versicherten Person im Rahmen der
verfassungsmässigen Schranken im Ermessensbereich der
Vorsorgeeinrichtung. Bei der Wahl ist den spezifischen
Fallkonstellationen und der konkreten Interessenlage Rechnung zu tragen.
Das Verhältnismässigkeitsprinzip gebietet jene Lösung zu wählen, die
nach den Umständen als angemessen erscheint (MICHELE ALBERTINI, Der
verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör im
Verwaltungsverfahren des modernen Staates, 2000, Bern, S. 332). In jedem
Fall darf die Gehörsgewährung nicht ihres Gehalts beraubt werden,
weshalb es grundsätzlich mehr bedarf, als in einem blossen Schreiben die
Kürzung mitzuteilen. Ihre hinreichende Umsetzung erfordert in der Regel
eine ausdrückliche Einladung, sich zur Möglichkeit, ein
Resterwerbseinkommen in der Höhe des Invalideneinkommens effektiv
erzielen zu können, zu äussern, wobei es der Vorsorgeeinrichtung frei
steht — es sich der Klarheit halber und mit Blick auf eine beförderliche
Erledigung aber empfiehlt -, eine angemessene Einwendungsfrist
einzuräumen. Jedenfalls genügt die Gewährung einer
Äusserungsgelegenheit; die Pensionskasse ist nicht verpflichtet, die
tatsächliche Ausübung des Einwendungsrechts herbeizuführen. Umstände,
die sich aus den Akten ergeben, hat sie aber — in Nachachtung des
Verbots des überspitzten Formalismus (Art. 29 Abs. 1 BV) — von sich aus zu berücksichtigen
Für den vorliegenden Fall verneinte das Bundesgericht eine Gehörsverletzung, da die Pensionskasse in der Korrespondenz mit der versicherten Person bzw. dessen Rechtsvertretung auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung hingewiesen und an der fraglichen Anrechnung des fiktiven Einkommens festhielt (E. 4.4).
Bezüglich der Frage, ob dem Feinmechaniker ein zumutbarerweise erzielbares Resterwerbseinkommen angerechnet werden könne, erwog das Bundesgericht im Wesentlichen, nach der langen Betriebszugehörigkeit und Angewöhnung an eine einzige Unternehmenskultur sei ein Stellenwechsel mit grösseren Eingewöhnungsschwierigkeiten und einem höherem Betreuungsaufwand seitens des neuen Arbeitgebers verbunden. Da der Feinmechaniker nur noch rund vier Jahre vor der Pensionierung stand, durfte deshalb nicht angenommen werden, er finde nochmals eine andere Stelle und könne dort ein anrechenbares Erwerbseinkommen erzielen (E. 5.4).