4A_225/2013: Polydisziplinäres Gutachten in der vorsorglichen Beweisführung (amtl. Publ.)

Die Beschw­erde­führerin wurde am 13. Juni 2004 auf der Auto­bahn in eine Auf­fahrkol­li­sion ver­wick­elt. Die Beschw­erde­führerin beklagte sich sogle­ich über Nack­en- und Kopf­schmerzen und ste­ht sei­ther in fachärztlich­er Behand­lung. Mit Ver­fü­gung vom 26. März 2009 verneinte die SUVA Zürich das Vor­liegen eines adäquat­en Kausalzusam­men­hanges zwis­chen dem Unfall vom 13. Juni 2004 und den aktuellen Beschw­er­den. Die SUVA Zürich stellte deshalb die Ver­sicherungsleis­tun­gen per 31. März 2009 ein. Die dage­gen erhobene Ein­sprache wies sie ab.

Um ihre Prozess­chan­cen gegen die Haftpflichtver­sicherung der Unfal­lverur­sacherin bess­er abschätzen zu kön­nen, gelangte die Beschw­erde­führerin am 4. Okto­ber 2012 mit einem Gesuch um vor­sor­gliche Bewe­is­führung gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO an das Richter­amt Solothurn-Lebern und beantragte ein poly­diszi­plinäres medi­zinis­ches Gutacht­en. Der Amts­gericht­spräsi­dent wies das Gesuch um vor­sor­gliche Bewe­is­führung ab. Das Oberg­ericht des Kan­tons Solothurn wies die dage­gen erhobe­nen Beru­fung ab, worauf die Beschw­erde­führerin ans Bun­des­gericht gelangte. Das Bun­des­gericht hob das oberg­erichtliche Urteil auf und wies die Sache zu neuer Entschei­dung an die Vorin­stanz zurück.

Die Vorin­stanz hat­te ein schutzwürdi­ges Inter­esse der Beschw­erde­führerin an ein­er vor­sor­glichen Bewe­is­führung verneint und ver­wies zur Begrün­dung auf rund zwanzig medi­zinis­che Stel­lung­nah­men aus dem Zeitraum zwis­chen Juli 2004 und Okto­ber 2012, darunter diverse Arztzeug­nisse, fachärztliche Berichte sowie eine bio­mech­anis­che Kurzbeurteilung. Die Chan­cen für den Haupt­prozess liessen sich bere­its anhand der vorhan­de­nen Unter­la­gen abschätzen (BGer. 4A_225/2013 vom 14. Novem­ber 2013, E. 2.3)

Das Bun­des­gericht hielt demge­genüber fest, dass keine hohen Anforderun­gen an das Beste­hen eines schutzwürdi­gen Inter­ess­es zu stellen sind. Ein solch­es Inter­esse wäre zu verneinen, wenn das beantragte Beweis­mit­tel untauglich ist oder wenn es der gesuch­stel­len­den Partei lediglich darum geht, ein bere­its vor­liegen­des Gutacht­en mit einem weit­eren Gutacht­en in Frage zu stellen (E. 2.2.2). Die Beschw­erde­führerin hat­te deshalb zu Recht gel­tend gemacht, dass die vor­liegen­den medi­zinis­chen Unter­la­gen keine Antwort auf die Frage geben wür­den, ob die Unfal­lka­usal­ität auch noch für die Zeit nach der Ein­stel­lung der SUVA-Leis­tun­gen zu beja­hen ist (E. 2.4). Das Bun­des­gericht wies darauf hin, dass das poly­diszi­plinäre Gutacht­en ein zen­trales Beweis­mit­tel im Haupt­prozess sein werde, zumal die vor­liegen­den medi­zin­schen Stel­lung­nah­men beweis­rechtlich lediglich als blosse Pri­vatgutacht­en und nicht als eigentliche Beweis­mit­tel gel­ten wür­den (E. 2.5).

In ver­fahren­srechtlich­er Hin­sicht hielt das Bun­des­gericht fest, dass für die vor­sor­gliche Abnahme des Expertengutacht­ens die all­ge­meinen Regeln gemäss Art. 183 ff. ZPO gel­ten (E. 2.2.4). Es obliegt in erster Lin­ie der Beschw­erde­führerin, dem Gericht die Fra­gen an die Sachver­ständi­gen zu unter­bre­it­en. Die Beschw­erdegeg­ner­in kann durch eigene Fra­gen oder Zusatz- und Ergänzungs­fra­gen ihren Stand­punkt in das Ver­fahren ein­brin­gen, wobei der durch das Gesuch definierte Prozess­ge­gen­stand nicht durch Ergänzungs­fra­gen erweit­ert wer­den darf (E. 2.2.3). Die Kosten für das Gutacht­en sind von der Beschw­erde­führerin zu tra­gen, auch wenn die Beschw­erdegeg­ner­in Zusatz- oder Erläuterungs­fra­gen for­muliert (E. 3).