4A_482/2013: Kollektive Verwertung, GT K/Ka (Konzerte und konzertähnliche Darbietungen); “Balletregel”

Der vor­liegende Entscheid bet­rifft eine Auseinan­der­set­zung zwis­chen der Ver­w­er­tungs­ge­sellschaft SUISA und der Basel Tat­too Pro­duc­tions GmbH, die Ver­anstal­terin des jew­eils im Som­mer stat­tfind­en­den Open-Airs “Basel Tattoo”.

Die Parteien hat­ten Gebühren für die
gespielte urhe­ber­rechtlich geschützte Musik nach dem genehmigten Gemein­samen Tarif K (Konz­erte und konzertähnliche Dar­bi­etun­gen) bzw. Ka (von der Schied­skom­mis­sion ESchK genehmigt) vere­in­bart. Teil des Tar­ifs sind ver­schiedene Ermäs­si­gun­gen der Gebühren, z.B. auch bei konz­ertähn­lichen Dar­bi­etun­gen, wenn die Musik neben anderen Werken nur eine unter­ge­ord­nete oder beglei­t­ende Funk­tion hat, wie zum Beispiel bei revuear­ti­gen, chore­o­graphis­chen Dar­bi­etun­gen oder Auf­führun­gen the­atralis­ch­er Werke mit Begleit­musik (GT K Ziff 15; gemäss der sog. “Bal­letregel”).

Die Basel Tat­too hat­te gel­tend gemacht, GT K Ziff. 15 sei hin­sichtlich der Voraus­set­zun­gen ein­er Ermäs­si­gung zu restrik­tiv. Die ESchK habe dadurch den Grund­satz der Angemessen­heit i.S.v. URG 60 I lit. c ver­let­zt. Das BGer weist diesen ersten Ein­wand zurück:

Damit verken­nt die Beschw­erde­führerin, dass die in Art. 60 URG aufgestell­ten Angemessen­heit­skri­te­rien der Fes­tle­gung der im Tarif vorge­se­henen Entschädi­gungssätze und deren ver­wal­tungs­gerichtlich­er Über­prü­fung dienen, jedoch keinen indi­vidu­ellen Anspruch darauf begrün­den, dass eine nach dem Tarif geschuldete einzelne Entschädi­gung immer diesen Kri­te­rien genügt […]. Nach bun­des­gerichtlich­er Recht­sprechung han­delt es sich bei den in Art. 60 URG genan­nten Kri­te­rien vielmehr um verbindliche Vor­gaben für die Schied­skom­mis­sion, deren Ausle­gung und Anwen­dung vom Bun­des­gericht im Ver­fahren der Beschw­erde in öffentlich-rechtlichen Angele­gen­heit­en über­prüft wer­den kön­nen […]. Die Vere­in­barkeit dieser Regelung mit den Angemessen­heit­skri­te­rien nach Art. 60 URG ist auss­chliesslich im Beschw­erde­v­er­fahren gegen einen Genehmi­gungsentscheid der Schied­skom­mis­sion zu prüfen. […]

Strit­tig war zudem die Reich­weite der Bal­letregel. Das BGer bestätigt hier die Lehre, dass diese nur gilt, falls mit den kollek­tiv ver­w­erteten Werken gle­ichzeit­ig andere urhe­ber­rechtlich geschützte Werke darge­boten werden:

[…] Während die eben­falls in Art. 60 Abs. 1 lit. c URG ver­ankerte Pro-rata-tem­po­ris-Regel besagt, dass sich die Entschädi­gung für eine Auf­führung mit geschützten und nicht geschützten Werken gemäss dem Anteil der nicht geschützten Werke an der Gesamt­dauer der Dar­bi­etung reduziert […], soll mit der Bal­let­tregel bei konz­ertähn­lichen Dar­bi­etun­gen dem Umstand Rech­nung getra­gen wer­den, dass neben der geschützten Musik andere urhe­ber­rechtlich geschützte, jedoch nicht kollek­tiv ver­w­ertete Werke genutzt wer­den […]. Die Bal­let­tregel bezweckt ger­ade mit Rück­sicht auf andere Urhe­ber­rechte, durch eine Reduk­tion im tar­i­flichem Sinne Raum für andere Schutzberechtigte zu schaf­fen, die vom fraglichen Tarif nicht erfasst sind […]. Sind keine anderen Schutzberechtigten vorhan­den, beste­ht demge­genüber ent­ge­gen der in der Beschw­erde vertrete­nen Ansicht kein Grund für die Anwen­dung der Bal­let­tregel und eine entsprechende Tar­ifre­duk­tion fällt auss­er Betracht […].

Schliesslich bestätigte das BGer, dass die Musik bei den einzel­nen Auf­führun­gen der Basel Tat­too nicht eine nur unter­ge­ord­nete Rolle spielte, was zu ein­er zusät­zlichen Reduk­tion geführt hätte.