2C_53/2014: Verhältnis zwischen dem zivil- und dem verwaltungsrechtlichen Verfahren bei der Tarifgenehmigung (amtl. Publ.)

Das vor­liegende Urteil bet­rifft die Beschw­erde von Swissper­form gegen ein Urteil des BVer­wGer im Zusam­men­hang mit dem Tarif A Radio (Ver­wen­dung von im Han­del erhältlichen Ton­trägern durch die SRG zu Sendezweck­en im Radio) mit Gültigkeits­dauer vom 1. Jan­u­ar 2013 bis zum 31. Dezem­ber 2016. Die Eid­genös­sis­che Schied­skom­mis­sion ESchK hat­te diesen Tarif Ende 2012 genehmigt. Die Genehmi­gung wich allerd­ings vom Entwurf der Swissper­form ab. Swissper­form focht den Tarif daher vor Bun­desver­wal­tungs­gericht an, aber erfol­g­los. Das BGer heisst die Beschw­erde von Swissper­form mit vor­liegen­dem Urteil dage­gen gut.

Strit­tig war ins­beson­dere das Ver­hält­nis zwis­chen dem ver­wal­tungsrechtlichen und dem zivil­rechtlichen Ver­fahren. Auszuge­hen war in Übere­in­stim­mung mit der bun­des­gerichtlichen Recht­sprechung davon, 

  • dass Zivil­gerichte zu prüfen haben, ob aus einem Tarif im Einzelfall geset­zwidrige Vergütungsansprüche
    abgeleit­et wer­den. Dage­gen kann im Zivil­ver­fahren nicht gel­tend gemacht wer­den, ein
    recht­skräftiger Tarif sei unangemessen bzw. die gemäss Tarif geschuldete
    Vergü­tung sei unangemessen; und 
  • dass die materiell­rechtliche Fra­gen im Tar­if­genehmi­gungsver­fahren nur vor­frageweise prüft.

Strit­tig war aber, ob ein Tarif zivil­rechtlich umstrit­tene Vor­fra­gen über­haupt (vor­frageweise) beant­worten soll oder muss. Die ESchK und das BVer­wGer sind bei­de davon aus­ge­gan­gen, dass im Tar­if­genehmi­gungsver­fahren nur diejeni­gen materiellen Rechts­fra­gen zu prüfen sind, die sich mit­tel­bar auf die Angemessen­heit ein­er tar­i­flich vorge­se­henen Entschädi­gung auswirken und dass eine vor­frageweise Prü­fung materiell­rechtlich­er Fra­gen im Tar­ifver­fahren ins­beson­dere dann nicht zu erfol­gen habe, wenn die Bun­de­sauf­sicht nicht umstrit­ten und der Tarif lin­ear ist, so dass sich die Frage nach dem Umfang der geschützten Rechte nicht auf die Angemessen­heit des Tar­ifs auswirke. Das BGer fasst dage­gen seine dies­bezügliche Recht­sprechung wie fol­gt zusammen:

[…] umstrit­tene materiell­rechtliche Fra­gen über den Umfang der
geschützten Rechte
[sind] im Tar­if­genehmi­gungsver­fahren zu klären. Dieses
Vorge­hen hat Vorteile: Das tar­ifrechtliche Ver­fahren erlaubt bess­er als
eine auf den Einzelfall fokussierte Zivilk­lage eine Gesamtschau […]. Im Inter­esse der Rechtssicher­heit müssen der Tarif
bzw. der Genehmi­gungsentscheid der ESchK klarstellen, auf welche Rechte
sie sich beziehen und zu diesem Zweck auch — soweit erhe­blich und
umstrit­ten — klären, welche Rechte über­haupt beste­hen; dass par­al­lel
dazu der Zivil­weg
eingeschla­gen wer­den kön­nte, ändert nichts an der
Prü­fungspflicht der ESchK […]. Insoweit unter­liegen die Tar­ife der
Ver­w­er­tungs­ge­sellschaften ein­er dop­pel­ten und kom­ple­men­tären Kontrolle
durch ESchK und Zivil­gerichte […]. Zwar ist der genehmigte Tarif für materiellrechtliche
Fra­gen nicht rechtsverbindlich […] vor allem wenn er
bloss unterin­stan­zlich genehmigt ist. Gelangt die Frage aber im
Tar­if­genehmi­gungsver­fahren bis vor Bun­des­gericht, kann dieses die
Antwort auf die materiell­rechtliche Stre­it­frage mit der dafür
zuständi­gen I. zivil­rechtlichen Abteilung koor­dinieren und damit eine
höch­st­mögliche Rechtssicher­heit schaf­fen. Dadurch lässt sich auch die
Zahl der Zivil­prozesse reduzieren.

 Im vor­liegen­den Fall hat es die ESchK danach zu Unrecht die Prü­fung unter­lassen, ob eine bes­timmte Regelung des Tar­ifs der Recht­slage entspricht und ob eine andere Bes­tim­mung angemessen ist. Das BGer weist die Sache daher an die ESchK zur neuen Beurteilung zurück.