9C_878/2013: Prämienrückvergütungen im Rahmen der obligatorischen Krankenversicherung unzulässig

Das Bun­des­gericht schützte die Recht­sauf­fas­sung der Vorin­stanzen, wonach indi­vidu­elle Prämien­rück­vergü­tun­gen des Krankenkassen­mod­ells “KPTwin.win” im Rah­men der oblig­a­torischen Kranken­ver­sicherung unzuläs­sig sind (Urteil 9C_878/2013 vom 14. Okto­ber 2014):

“Im Rah­men der oblig­a­torischen Krankenpflegev­er­sicherung set­zte die KPT
Krankenkasse AG […] das
Ver­sicherungsmod­ell “Inte­gri­ertes Stufen­mod­ell nach KVG (KPTwin.win) ”
in Kraft. Dieses erforderte […] eine vorgängige Kon­tak­t­nahme mit
einem medi­zinis­chen Beratungszen­trum, welch­es den “Behand­lungsp­fad” zu
bes­tim­men hat­te. Danach bestand freie Arzt­wahl. Die angeschlossenen
Ver­sicherten erhiel­ten einen Rabatt auf der ordentlichen Prämie. Zudem
wur­den jed­er ver­sicherten Per­son zu Beginn eines Kalen­der­jahres 100
Punk­te gut­geschrieben; davon war bei jed­er von der KPT bezahlten oder
zurück­er­stat­teten ärztlichen Kon­sul­ta­tion, die nicht vorgängig mit dem
medi­zinis­chen Beratungszen­trum vere­in­bart wor­den war, eine bestimmte
Punk­tzahl abzuziehen. Erzielte die Ver­sichertenge­mein­schaft eine
erhe­bliche, nicht bere­its mit dem Prämienra­batt abgegoltene
Kosteneinsparung, so wurde im Fol­ge­jahr deren Punk­twert in Franken
ermit­telt. Die Ver­sicherten erhiel­ten daraufhin den Betrag
gut­geschrieben, der ihrem Punk­te­s­tand entsprach. Man­gel­nde “Sys­temtreue”
kon­nte indes auch eine Rück­stu­fung in die ordentliche
Krankenpflegev­er­sicherung zur Folge haben. […]

3. Strit­tig und zu prüfen ist, ob das BAG der KPT zu
Recht […] ver­boten hat, individuelle
nachträgliche Rück­vergü­tun­gen unter dem Titel der “Erfol­gs­beteili­gung”
vorzusehen. […]

3.3.2. Die Beschw­erde­führerin macht mithin gel­tend, die
Rück­vergü­tung erfolge unab­hängig von der Fes­tle­gung der ordentlichen
Prämie. Eine Unter­schei­dung in erwartete Min­derkosten, die im Voraus in
die Prämie eingepreist wer­den, und effek­tive Einsparun­gen, die
nachträglich rück­vergütet wer­den, ist im gel­tenden Recht indes nicht
vorge­se­hen.
Nach Art. 62 Abs. 1 KVG
kann der Ver­sicher­er die Prämien für Ver­sicherun­gen mit eingeschränkter
Wahl des Leis­tungser­bringers ver­min­dern. Dabei han­delt es sich um eine
abschliessende Regelung; der von der Beschw­erde­führerin beanspruchte
Gestal­tungsspiel­raum wird auch nicht stillschweigend eingeräumt. Die
Ermäs­si­gung muss in der Prämie sel­ber zum Aus­druck kom­men
, damit
ersichtlich bleibt, dass die in Art. 101 Abs. 1 und 2 KVV
aufge­führten Rah­menbe­din­gun­gen (keine Bil­dung von besonderen
Risiko­ge­mein­schaften, Wahrung des ver­sicherung­stech­nisch erforderlichen
Beitrages an Reser­ven und Risikoaus­gle­ich, Beschränkung der Ermässigung
auf mod­ell­spez­i­fis­che Koste­nun­ter­schiede) einge­hal­ten sind. Die im
Gate­keep­er-Mod­ell zu erwartenden spez­i­fis­chen Einsparun­gen sind daher
als Ein­heit zu behan­deln. Sie bilden ins­ge­samt einen Teil des unter
anderem aus Erfahrungswerten abzulei­t­en­den prog­nos­tis­chen Aufwands,
anhand dessen die Prämie im Voraus festzule­gen und zu genehmi­gen ist […]. Abgesehen
davon wäre es wohl auch kaum möglich, weit­erge­hende Effizienzgewinne
gle­ich­sam abzus­pal­ten und auf dieser Grund­lage — abhängig von der
indi­vidu­ellen “Sys­temtreue” — eine zusät­zliche “Erfol­gs­beteili­gung”
hin­re­ichend zuver­läs­sig zu quantifizieren. […]”