4A_330/2014: “THINK” nicht absolut freihaltebedürftig; keine Verwechslungsgefahr zwischen “THINK” und “THINK WEINBRENNER” bzw. “THINK OUTDOORS

Der vor­liegende Entscheid bet­rifft eine Stre­it­igkeit zwis­chen Bata und der öster­re­ichis­chen Think Schuh­w­erk GmbH, Inhab­erin der seit spät. 2007 inter­na­tion­al reg­istri­erten Wort­marken “THINK” (Klassen 18, 25 und 35) und der CH-Wort­marke “THINK OUTDOORS”. Think Schuh­w­erk GmbH hat­te Bata vor dem HGer AG u.a. auf Unter­las­sun­gin Anspruch genom­men, weil Bata Schuhe unter der Beze­ich­nung “THINK OUTDOORS” bzw. “THINK WEINBRENNER” vertreibt (zB hier).

Das HGer AG hat­te die Unter­las­sungsklage gestützt auf die IR-Marke “THINK” weit­ge­hend gut­ge­heis­sen, gle­ichzeit­ig aber die CH-Marke “THINK OUTDOORS” auf Widerk­lage hin nichtig erk­lärt. Bata gelangte mit Beschw­erde ans BGer und ver­langte Abweisung der Klage und (weit­er­hin) auch Nichtigerk­lärung des Schweiz­er Teils der IR-Marken. Das BGer heisst die Beschw­erde teil­weise gut.

Zunächst hält das BGer — wie zuvor das HGer — fest,  ein Fehlen einer
gewerblichen oder Han­del­snieder­las­sung in Deutsch­land zum Zeit­punkt der Ein­tra­gung der IR-Marken in Deutsch­land könne keine Nichtigkeit
begründen,weil die zuläs­si­gen Gründe für eine Schutzver­weigerung sowohl nach MMA 5 I als auch nach MMP 5 I durch die Ver­weisung auf die PVÜ auf die in PVÜ 6quinquies lit. B genan­nten Gründe begren­zt sind. 

Eben­falls wie das HGer sieht das BGer die Beze­ich­nung “THINK” sodann als nicht abso­lut frei­hal­tebedürftig an:

Im Gegen­satz etwa zu dem von der Beschw­erde­führerin ins Feld geführten englis­chen Per­son­al­pronomen “YOU”, das zum triv­ial­sten Grund­wortschatz gehört und als ele­men­tarster Aus­druck, der sich in sein­er Bedeu­tung als per­sön­liche Anrede nicht sub­sti­tu­ieren lässt, für den unge­hin­derten Gebrauch im Geschäftsverkehr freige­hal­ten wer­den muss […], lässt sich der Aus­druck “THINK” durch andere Ver­ben erset­zen. Ob der Verkehr auf die Ver­wen­dung dieses Zeichens angewiesen ist und damit ein absolutes Frei­hal­tebedürf­nis beste­ht, ist ausser­dem nicht all­ge­mein, son­dern im Hin­blick auf die beansprucht­en Waren und Dien­stleis­tun­gen zu prüfen  […]. Inwiefern “THINK” zur Beze­ich­nung von Led­er- und Schuh­waren oder Bek­lei­dungsstück­en für den Wirtschaftsverkehr unent­behrlich sein soll, leuchtet nicht ein und wird von der Beschw­erde­führerin auch nicht mit dem blossen Hin­weis darauf aufgezeigt, dass im schweiz­erischen Marken­reg­is­ter bere­its mehrere Marken mit dem Bestandteil “THINK” für Kon­sumgüter einge­tra­gen wor­den sind. 

Jedoch hat “THINK“als weit ver­bre­it­etes englis­ches Verb und damit als Sach­be­griff des all­ge­meinen Sprachge­brauchs nur einen engen Schutzum­fang.

Anders als das HGer verneint das BGer jedoch eine Ver­wech­slungs­ge­fahr zwis­chen der Marke “THINK” und den Beze­ich­nun­gen, ins­beson­dere weil “THINK OUTDOORS” als reklame­hafte Anpreisung bzw. beschreiben­der Hin­weis ver­standen wird:

Die Wortkom­bi­na­tion “THINK OUTDOORS” für sich betra­chtet ist nicht unter­schei­dungskräftig, da sie im Zusam­men­hang mit Schuh­waren auf­grund ihres beschreiben­den bzw. anpreisenden Charak­ters nicht als Hin­weis auf ein bes­timmtes Unternehmen ver­standen wird […]. Entsprechend ist dieser Bestandteil auch nicht geeignet, die ältere Marke in ihrer Unter­schei­dungs­funk­tion zu beeinträchtigen […].

[…]

Solange sich die Marke “THINK” dem Pub­likum nicht durch Wer­beanstren­gun­gen in beson­derem Masse als Kennze­ichen der beansprucht­en Waren eingeprägt hat, was von der Vorin­stanz nicht fest­gestellt wurde […], ver­ste­ht der Durch­schnittskon­sument von Schuhen die Beze­ich­nung “THINK OUTDOORS” ent­ge­gen dem ange­focht­e­nen Entscheid nicht dahinge­hend, dass es sich dabei um Out­door-Schuhe des Marken­in­hab­ers von “THINK” han­delt, son­dern fasst die Wortverbindung ins­ge­samt als beschreibende bzw. anpreisende Aus­sage auf.
.

[…]

Angesichts des beschreiben­den bzw. anpreisenden Charak­ters von “THINK OUTDOORS” für Schuh­waren bleiben die übri­gen Bestandteile in Form des Wortze­ichens “WEINBRENNER” bzw. der stil­isierten Tanne im Gedächt­nis haften. 

Das BGer hat die Sache sodann zu neuer Beurteilung der Unter­las­sungs­begehren nach UWG sowie des Begehrens um Auskun­ft und Rech­nungsle­gung an die Vorin­stanz zurückgewiesen.