4A_406/2014: Anspruch auf Kopien von Dokumenten, die an amerikanische Behörden übermittelt wurden (amtl. Publ.)

Zwei ehe­ma­lige Bankangestellte klagten gestützt auf das Daten­schutzge­setz und ver­langten Kopi­en von den Unter­la­gen her­aus, welche die Bank ohne ihr Wis­sen an amerikanis­che Behör­den über­mit­telt hat­te. Die Mitar­beit­er mussten annehmen, dass ihre Namen und andere Angaben auf diesen Doku­menten nicht geschwärzt wor­den waren (Urteil 4A_406/2014 vom 12. Jan­u­ar 2015).

Die kan­tonalen Instanzen verpflichteten die Bank zur Her­aus­gabe der Kopi­en. Die blosse Ein­sicht­nahme in den Räum­lichkeit­en der Bank genügte nicht. Die Bank wurde überdies verpflichtet bekan­nt zu geben, an welchem Datum die Unter­la­gen an welche amerikanis­che Behörde über­mit­telt wor­den waren. Das Bun­des­gericht bestätigte den kan­tonalen Entscheid.

Die Bank berief sich vor Bun­des­gericht verge­blich auf Art. 47 BankG und Art. 162 StGB (E. 5). Das Bun­des­gericht erwog, die Bank habe sel­ber aus­ge­führt, die Kun­den­dat­en in den Doku­menten geschwärzt zu haben. Durch die Her­aus­gabe von Kopi­en bleibe deshalb das Bankkun­denge­heim­nis gewahrt (E. 5.2 bis 5.4).

Das Bun­des­gericht stellte auch keine Ver­let­zung von Art. 9 Abs. 1 lit. b DSG fest, wonach eine Auskun­ft wegen über­wiegen­der Drit­tin­ter­essen ver­weigert wer­den kann. Das Auskun­ft­srecht darf nicht beschränkt wer­den, wenn die entsprechen­den Stellen in den Doku­menten geschwärzt wer­den kön­nen und dadurch die Inter­essen Drit­ter gewahrt bleiben (E. 6.2).

Die Bank machte weit­er Art. 9 Abs. 4 DSG gel­tend. Gemäss dieser Bes­tim­mung kann der pri­vate Daten­in­hab­er die Auskun­ft ver­weigern, soweit dies zur Wahrung  eigen­er Inter­essen erforder­lich ist und er die
Per­so­n­en­dat­en Drit­ten nicht bekan­nt gibt (E. 7). Für das Bun­des­gericht war das Begehren indessen nicht rechtsmiss­bräuch­lich gestellt wor­den und bestand auch kein über­wiegen­des Inter­esse der Bank, das gegen eine Her­aus­gabe der Kopi­en gesprochen hätte (E. 7.1.1 bis 7.8). Da sich die Unter­la­gen bere­its bei den amerikanis­chen Behör­den befan­den, hat­ten die Arbeit­nehmer ein legit­imes Inter­esse an der Her­aus­gabe von Kopi­en, um die Risiken abschätzen und ihre allfäl­lige Vertei­di­gung vor­bere­it­en zu kön­nen (E. 7.1.4).

Die Bank berief sich fern­er auf Art. 8 Abs. 5 DSG, wonach die Auskun­ft zwar in der Regel schriftlich und kosten­los zu erfol­gen hat, der Bun­desrat aber Aus­nah­men regeln kann. Die Bank machte ausseror­dentliche Umstände gel­tend, die eine Abwe­ichen vom Grund­satz der Schriftlichkeit recht­fer­ti­gen wür­den (E. 8 bis 8.5). Das Bun­des­gericht erwog jedoch im Wesentlichen, der Bun­desrat habe die Banken durch seine Ermäch­ti­gung zur Datenüber­mit­tlung ins Aus­land nicht von ihren pri­va­trechtlichen Pflicht­en gegenüber den (ehe­ma­li­gen) Arbeit­nehmern ent­bun­den (E. 8.5).

Das Bun­des­gericht ver­warf schliesslich auch das Argu­ment der Bank, die Her­aus­gabe von Kopi­en an ehe­ma­lige Arbeit­nehmer ver­stosse gegen Art. 339a Abs. 1 OR. Gemäss dieser Bes­tim­mung hat jede Ver­tragspartei der andern auf den Zeit­punkt der Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es alles her­auszugeben. Art. 339a Abs. 1 OR ver­fol­gt gemäss Bun­des­gericht einen ganz anderen Zweck als das daten­schutzrechtliche Auskun­ft­srecht und sei im vor­liegen­den Fall gar nicht ein­schlägig (E. 8.6).