4A_663/2014: Ausschluss der Motorfahrzeughalterhaftung wegen Selbstverschuldens (Art. 59 Abs. 1 SVG)

A. (Beschw­erde­führerin) fuhr mit ihrem Fahrrad auf der F.-Strasse in Rich­tung T.-Strasse. Die F.-Strasse ist bei der Ein­mün­dung in die T.-Strasse mit ein­er Wartelin­ie verse­hen. Als A. nach rechts in die T.-Strasse abbog, kol­li­dierte sie mit dem Auto von C. A. erlitt einen Schädel­bruch, einen Hirn­stamm­riss sowie starke Prel­lun­gen und Quetschungen.

A. klagte gegen die Haftpflichtver­sicherung, aber die kan­tonalen Instanzen kamen zum Schluss, die Haf­tung des Motor­fahrzeughal­ters sei nach Art. 59 Abs. 1 SVG aus­geschlossen, weil der Unfall durch grobes Ver­schulden von A. verur­sacht wor­den sei und C. kein Ver­schulden am Unfall tre­ffe. Das Bun­des­gericht bestätigte den Entscheid der Vorin­stanz (Urteil 4A_663/2014 vom 9. April 2015).

A. machte verge­blich gel­tend, dass nicht jede Mis­sach­tung des Vor­trittsrechts ein grobes Ver­schulden darstellt (E. 3.2.2). A. sei unglück­licher­weise beim Ein­biegen nicht aus­re­ichend eng am recht­en Strassen­rand geblieben, was ihr aber nicht als grobe Fahrläs­sigkeit anzu­las­ten sei (E. 3.2.1). Das Bun­des­gericht hielt demge­genüber fest, die Verkehrssi­t­u­a­tion sei über­sichtlich gewe­sen und A. habe die T.-Strasse in die Rich­tung, von wo die vor­tritts­berechtigte C. herange­naht sei, gut überblick­en kön­nen. Auch die Wartelin­ie sei gut sicht­bar gewe­sen. Trotz­dem habe A. das Vor­trittsrecht von C. vol­lkom­men unver­mit­telt mis­sachtet und dadurch die Kol­li­sion verur­sacht (E. 3.2.3).

Der alleinige Umstand, dass die Fahrrad­fahrerin nicht im Sat­tel sass, son­dern in aufrechter Posi­tion in den Ped­alen stand, stellte gemäss Bun­des­gericht kein Anze­ichen im Sinne von Art. 26 Abs. 2 SVG dafür dar, dass sich A. nicht richtig ver­hal­ten werde. C. durfte vielmehr davon aus­ge­hen, A. wolle ver­har­ren und die Weit­er­fahrt verzögern. An der Kol­li­sion traf deshalb C. kein Ver­schulden (E. 3.3.4 und E. 2.2.2).