9C_835/2014: Auslegung von Art. 3 Abs. 2 FZG (amtl. Publ.)

A. (Beschw­erde­führerin) war bei der Win­terthur-Colum­na Sam­mel­s­tiftung vor­sorgev­er­sichert. Weil ihr Arbeitsver­hält­nis endete, wurde eine Freizügigkeit­spo­lice bei der Win­terthur Leben (heute: AXA Leben AG) erstellt. In der Folge erhielt A. eine ganze Invali­den­rente von der IV-Stelle des Kan­tons Zürich.

Später legte C. eine Blanko­voll­macht der Beschw­erde­führerin vor und ersuchte die Win­terthur Leben um Auflö­sung der Freizügigkeit­spo­lice und Über­weisung des Guthabens auf ein Bankkon­to. Das Geld wurde über­wiesen und C. leis­tete anfänglich monatliche Zahlun­gen an A., stellte die Zahlun­gen später jedoch ein. Gegen C. wurde ein Strafver­fahren eröffnet.

A. wandte sich an die Sam­mel­s­tiftung und ersuchte um Aus­rich­tung ein­er Invali­den­rente. Sie erhob Klage gegen die Sam­mel­s­tiftung und ver­langte sin­ngemäss, sie sei so zu stellen, als ob die Auszahlung des Freizügigkeitsguthabens nicht an den unberechtigten C. erfol­gt wäre. Die Alter­srente sei entsprechend zu erhöhen und Schaden­er­satz zu leis­ten. Das Bun­des­gericht bestätigte jedoch den vorin­stan­zlichen Entscheid, mit dem die Klage abgewiesen wurde (Urteil 9C_835/2014 vom 28. April 2015).

Das Bun­des­gericht hat­te zu entschei­den, wie der Wort­laut von Art. 3 Abs. 2 FZG zu ver­ste­hen ist (E. 5 und 5.3). Gemäss dieser Bes­tim­mung ist der Vor­sorgeein­rich­tung die Aus­trittsleis­tung zurück­zuer­stat­ten, wenn sie Hin­ter­lasse­nen- oder Invali­den­leis­tun­gen erbrin­gen muss, nach­dem die Aus­trittsleis­tung an eine neue Vor­sorgeein­rich­tung über­wiesen wurde. 

Das Bun­des­gericht hielt fest, der Wort­laut von Art. 3 Abs. 2 FZG lasse offen, wer die Alter­sleis­tung zurück­er­stat­ten habe. Im Nor­mal­fall werde die Leis­tung von dem­jeni­gen zurück­er­stat­tet, der sie erhal­ten hat. Im vor­liegen­den Fall wäre dies die Win­terthur Leben bzw. AXA Leben AG. Das bedeutet gemäss Bun­des­gericht aber nicht, dass die Sam­mel­s­tiftung geset­zlich verpflichtet wäre, die Rück­er­stat­tung gegen die Win­terthur Leben durchzuset­zen. Eine solche Pflicht könne aus Art. 3 Abs. 2 FZG nicht abgeleit­et wer­den und der Beschw­erde­führerin ste­he es frei, die Aus­trittsleis­tung mit eige­nen Mit­teln wieder einzubrin­gen. Art. 3 Abs. 2 FZG sei so zu ver­ste­hen, dass die frühere Vor­sorgeein­rich­tung die Rück­er­stat­tung nicht erzwin­gen kann und auch nicht erzwin­gen muss. Sie könne die fehlende Rück­er­stat­tung lediglich mit ein­er Leis­tungskürzung sank­tion­ieren (vgl. zum Ganzen E. 5.3 und 5.6).