9C_612/2016, 9C_667/2016: Zulässigkeit reiner Rentnerkassen (amtl. Publ.)

Die IGP-BVG-Stiftung bezweckt die Durch­führung der beru­flichen Vor­sorge (“Sam­mel­s­tiftung”). Sie unterze­ich­nete einen Über­tra­gungsver­trag mit ein­er Per­son­alvor­sorges­tiftung in Liq­ui­da­tion. Gestützt auf diesen Ver­trag führte die Sam­mel­s­tiftung bei sich das Vor­sorgew­erk “Rentenkasse B” als reine Rent­nerkasse, der keine aktivver­sicherten Per­so­n­en angeschlossen waren. Das Ver­sichertenkollek­tiv befand sich seit 2008 in Unter­deck­ung (Urteil 9C_612/2016, 9C_667/2016 vom 16. Mai 2017, E. 4.3).

Die zuständi­ge Auf­sichts­be­hörde (Bernische BVG- und Stiftungsauf­sicht, “BBSA”) ver­fügte die Aufhe­bung des Vor­sorgew­erks “Rentenkasse B”. Dage­gen wehrte sich die Sam­mel­s­tiftung erfol­gre­ich beim Bun­desver­wal­tungs­gericht. Die Ober­auf­sicht­skom­mis­sion und der Sicher­heits­fonds erhoben Beschw­erde beim Bun­des­gericht, das die Beschw­er­den abwies.

Das Bun­desver­wal­tungs­gericht hat­te sich auf den Stand­punkt gestellt, die Aufhe­bung der Rentenkasse erfolge ver­früht, solange die Sam­mel­s­tiftung fort­laufend schriftlich nach­weise, dass sie ihre fäl­li­gen Vor­sorgev­erpflich­tun­gen frist­gerecht erbringe. Die Ober­auf­sichts­be­hörde argu­men­tierte demge­genüber, bei reinen Rent­nerkassen, die länger­fristig nicht saniert wer­den kön­nen, müsse die Auf­sichts­be­hörde die Möglichkeit haben, frühzeit­ig zu inter­ve­nieren und die Aufhe­bung zu ver­an­lassen. Sie müsse nicht taten­los mitanse­hen, bis die geset­zlichen oder regle­men­tarischen Leis­tun­gen nicht mehr erbracht wer­den kön­nten (vgl. zum Ganzen E. 4.1).

Das Bun­des­gericht erwog im Wesentlichen, die Grün­dung ein­er reinen Rent­nerkasse sei geset­zlich nicht ver­boten (E. 4.2). Zwar müsse die Vor­sorgeein­rich­tung jed­erzeit Sicher­heit dafür bieten, dass sie ihre Verpflich­tun­gen erfüllen könne. Eine zeitlich begren­zte Unter­deck­ung sei aber zuläs­sig, wenn sichergestellt sei, dass die Leis­tun­gen im Rah­men des Geset­zes bei Fäl­ligkeit erbracht wer­den und die Vor­sorgeein­rich­tung Mass­nah­men ergreift, um die Unter­deck­ung inner­halb ein­er angemesse­nen Frist zu beheben (E. 5.1). Der Sicher­heits­fonds trete erst für die Unter­deck­ung ein, wenn die Vor­sorgeein­rich­tung zahlungs­fähig sei. Zahlung­sun­fähig sei eine Vor­sorgeein­rich­tung bzw. ein Ver­sichertenkollek­tiv, wenn die Vor­sorgeein­rich­tung fäl­lige geset­zliche oder regle­men­tarische Leis­tun­gen nicht erbrin­gen könne und eine Sanierung nicht mehr möglich sei. Die Möglichkeit, eine Vor­sorgeein­rich­tung zu sanieren und die Zahlungs­fähigkeit müssten getren­nt beurteilt wer­den. Die Sanierung sei nicht mehr möglich, wenn über den Arbeit­ge­ber ein Konkursver­fahren oder ähn­lich­es Ver­fahren eröffnet wor­den sei (zum Ganzen E. 5.2). Im vor­liegen­den Fall sei das Ver­sichertenkollek­tiv “Rentenkasse B” noch zahlungs­fähig. Damit beste­he kein Anspruch auf Sich­er­stel­lungsleis­tun­gen des Sicher­heits­fonds bzw. Aufhe­bung der Rent­nerkasse (E. 6.1, 6.3 und 8.3).