5A_491/2013: Ausländische Urteile im schweizerischen Kollokationsprozess nicht verbindlich / Kollokationsklagen fallen nicht unter das LugÜ (amtl. Publ.)

Das Bun­des­gericht hat kür­zlich ein weit­eres Urteil im Zusam­men­hang mit dem Zusam­men­bruch der Swis­sair gefällt. Es ging um die Frage, ob ein bel­gis­ches Gericht­surteil im schweiz­erischen Kol­loka­tionsver­fahren zu berück­sichti­gen ist. Dem Urteil lag fol­gen­der Sachver­halt zugrunde:

Der Staat Bel­gien, die Société Fédérale de Par­tic­i­pa­tions et d’In­vestisse­ment (S.F.P.I.) SA sowie die SA Zephyr-Fin (im vor­liegen­den Ver­fahren die Beschw­erde­führer) hat­ten in den Nach­lassver­fahren der SAir­Group AG und der SAir­Lines AG Forderun­gen im Umfang von mehreren Mil­liar­den Franken angemeldet, welche von den Nach­lass-Liq­uida­toren nicht zuge­lassen wor­den waren. Gegen die abweisenden Kol­loka­tionsver­fü­gun­gen hat­ten die Gläu­biger (Beschw­erde­führer) Kol­loka­tion­skla­gen gemäss Art. 250 Abs. 1 SchKG gegen die Nach­lass­massen erhoben. Mit Urteil vom 22. Feb­ru­ar 2011 hat­te der Einzel­richter am Bezirks­gericht Zürich die Kla­gen abgewiesen. Hierge­gen waren die Beschw­erde­führer mit Beru­fung an das Oberg­ericht des Kan­tons Zürich gelangt. Im Beru­fungsver­fahren hat­ten sie ein Urteil der Cour d’Ap­pel de Brux­elles vom 27. Jan­u­ar 2011 vorgelegt, mit welchem ihre Ansprüche teils gut­ge­heis­sen, teils abgewiesen und die Beurteilung weit­er­er Ansprüche bis zum Abschluss von in Bel­gien hängi­gen Strafver­fahren aus­ge­set­zt wur­den. Die Beschw­erde­führer hat­ten im Beru­fungsver­fahren die Teilan­erken­nung des bel­gis­chen Urteils ver­langt sowie die Ver­fahrenssistierung bis zum voll­ständi­gen Abschluss der Zivil­ver­fahren in Bel­gien und die nach­fol­gende Neubeurteilung der Sache und die Kol­loka­tion der von den bel­gis­chen Gericht­en zuge­sproch­enen Forderun­gen. Mit Urteil vom 28. Mai 2013 hat­te das Oberg­ericht sowohl den Sistierungsantrag als auch die Kla­gen abgewiesen. Gegen diesen Entscheid des Oberg­erichts als let­zter kan­tonaler Instanz über Kol­loka­tion­skla­gen im Nach­lassver­trag mit Ver­mö­gens­ab­tre­tung richtete sich die vor­liegend beurteilte Beschw­erde in Zivilsachen.

Das Bun­des­gericht set­zte sich zunächst mit der Rüge auseinan­der, das Oberg­ericht habe das LugÜ ver­let­zt, weil es die Anerkennbarkeit des im bel­gis­chen Prozess ergan­genen Urteils sowie dessen Verbindlichkeit im Kol­loka­tionsver­fahren verneint und die Kol­loka­tion­sklage nicht sistiert habe (E. 3.1). Es kam jedoch zum Schluss, dass die schweiz­erischen Konkurs- und Nach­lassver­fahren als Insol­ven­zver­fahren nicht unter das LugÜ fall­en (E. 3.4). Die Kol­loka­tion­sklage sei zu den konkursrechtlichen Ver­fahren gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. b LugÜ (Auss­chluss) zu zählen (E. 3.5).

Danach ver­wies das Bun­des­gericht auf ver­schiedene Urteile, in welchen es das Ver­hält­nis zwis­chen schweiz­erischem Kol­loka­tionsver­fahren und aus­ländis­chem Prozess bere­its beurteilt hat­te (E. 4). Anschliessend set­zte sich das Bun­des­gericht mit dem Argu­ment der Beschw­erde­führer auseinan­der, dass der Zivil­prozess in Bel­gien schon vor Eröff­nung der schweiz­erischen Nach­lassver­fahren ein­geleit­et wor­den sei, weshalb Forderungs­be­stand und Gläu­bigereigen­schaft gestützt auf das LugÜ im bel­gis­chen Ver­fahren zu klären seien (E. 5). Das Bun­des­gericht kam jedoch zum Schluss, dass wed­er die Kol­loka­tionsver­fü­gung noch die Kol­loka­tion­sklage vom LugÜ erfasst seien (E. 5.1). Dies führe u.a. dazu, dass die aus­ländis­che Recht­shängigkeit keine Rolle spiele; das Kol­loka­tionsver­fahren nehme davon unbee­in­flusst seinen Lauf (E. 5.3). Unter Hin­weis auf BGE 140 III 320, S. 334, hielt das Bun­des­gericht fest, dass alle in einem Kol­loka­tion­sstre­it auf­tauchen­den Rechts­fra­gen auss­chliesslich von den in der Schweiz zuständi­gen Auf­sichts­be­hör­den und Gericht­en zu beurteilen seien (E. 5.4). Sodann wider­legte das Bun­des­gericht das Argu­ment der Beschw­erde­führer, das LugÜ ver­bi­ete der Schweiz, die Zuständigkeit für Kol­loka­tion­skla­gen an sich zu ziehen (E. 5.5). Dies sei im Gegen­teil effizient, diene der Beschle­u­ni­gung und werde auch in anderen Recht­sor­d­nun­gen sowie vom EuGH anerkan­nt (E. 5.5.1).

Das Bun­des­gericht bestätigte, dass die Vorin­stanz das LugÜ nicht ver­let­zt habe, wenn sie das bel­gis­che Urteil im Kol­loka­tion­sprozess für nicht verbindlich gehal­ten habe (E. 5.7). Entsprechend wurde die Beschw­erde abgeweisen (E. 7).