2C_204/2015: Eine lediglich hinsichtlich Schrifttyp, Schriftgrösse, Zeilenabstand und Seitenrändern veränderte Beschwerdeschrift genügt den Anforderungen an eine gerichtlich angeordnete Nachbesserung nicht

Im Urteil vom 21. Juli 2015 äusserte sich das BGer zur Recht­mäs­sigkeit eines Nichtein­tretensentschei­ds des Ver­wal­tungs­gerichts des Kan­tons St. Gallen. Im Jahr 2014 büsste die Anwalt­skam­mer des Kan­tons St. Gallen Recht­san­walt A., weil er von einem Man­dan­ten nach Ein­re­ichung eines Gesuchs um unent­geltliche Recht­spflege und Ver­beistän­dung Kosten­vorschüsse erhoben und auch erhal­ten haben soll. Gegen den elf Seit­en umfassenden Entscheid erhob Recht­san­walt A. Beschw­erde beim Ver­wal­tungs­gericht des Kan­tons St. Gallen, wobei seine Beschw­erde­schrift 55 Seit­en umfasste. Zudem ersuchte er um Anset­zung ein­er Nach­frist zur Beschw­erdeergänzung. Der Präsi­dent des Ver­wal­tungs­gerichts wies die Eingabe von Recht­san­walt A. zurück und set­zte ihm eine Nach­frist zur Ergänzung und Kürzung der Eingabe auf rund 25 Seit­en. In der Folge reichte Recht­san­walt A. die Beschw­erde erneut ein. Sie umfasste 25 Seit­en und wich vom Erschei­n­ungs­bild der ursprünglichen Eingabe hin­sichtlich Schrift­typ, Schrift­grösse, Zeilen­ab­stand und Seit­en­rän­dern ab. Der Präsi­dent trat auf die Beschw­erde von Recht­san­walt A. nicht ein mit der Begrün­dung, dass die in einem anderen Lay­out erstellte 25-seit­ige Eingabe bei unverän­dert­er Gestal­tung 60 Seit­en umfasst hätte. Gegen den Nichtein­tretensentscheid gelangte Recht­san­walt A. an das BGer, welch­es seine Beschw­erde abweist.

Recht­san­walt A. macht im Wesentlichen gel­tend, dass der Nichtein­tretensentscheid des Ver­wal­tungs­gerichts des Kan­tons St. Gallen gegen Art. 29 Abs. 1 BV ver­stosse, welch­er einen Anspruch auf Behand­lung von for­mgerecht ein­gere­icht­en Eingaben ein­räumt und die formelle Rechtsver­weigerung ver­bi­etet. Das BGer erblickt die rechtliche Grund­lage für den Nichtein­tretensentscheid in Art. 36 Abs. 1 des Geset­zes über die Ver­wal­tungsrecht­spflege des Kan­tons St. Gallen (VRP, sGS 951.1), welch­er dem Gericht­spräsi­dent die Möglichkeit gibt, weitschweifige oder Sitte und Anstand ver­let­zende Eingaben zurück­zuweisen und Nicht­be­hand­lung anzu­dro­hen, wenn die Män­gel nicht innert der geset­zlichen Frist behoben werden:

Über­mäs­sige Weitschweifigkeit wird angenom­men bei lan­gat­mi­gen Aus­führun­gen und Wieder­hol­un­gen über einzelne Tat- oder Rechts­fra­gen, ohne dass dies auf­grund der tat­säch­lichen Ver­hält­nisse zur Wahrung der Ansprüche erforder­lich ist […]. Die Dar­legung kom­pliziert­er Sachver­halte und kom­plex­er Rechtsver­hält­nisse erfordert unter Umstän­den aus­führliche Erörterun­gen. Auch in solchen Fällen darf jedoch eine Beschränkung auf das Wesentliche erwartet wer­den. Das Erforder­nis der Ver­ständlichkeit ver­langt sodann nach ein­er nachvol­lziehbaren Struk­tur der Eingabe. Ob eine Eingabe diesen Anforderun­gen genügt, hängt auch von den Umstän­den des Einzelfalls ab. Angesichts der möglichen Kon­se­quen­zen des Ver­lusts des Rechtss­chutzes darf dabei allerd­ings kein allzu strenger Massstab angewen­det wer­den […] (E. 5.4.1.).

Das BGer kommt zum Schluss, dass sich die Eingabe von Recht­san­walt A. mit zahlre­ichen Wieder­hol­un­gen und zum Teil in schw­er überblick­bar­er Weise zu den ange­blich ungerecht­fer­tigten Diszi­pli­n­ar­mass­nah­men äussere. Diese Män­gel habe er auch nicht durch die nachgebesserte 25-seit­ige Beschw­erde­schrift zu kor­rigieren ver­mocht. Diese enthalte auf ein­er Seite mehr als dop­pelt so viele Wörter wie die ursprüngliche Ver­sion und weise zahlre­iche redun­dante For­mulierun­gen auf. Vor diesem Hin­ter­grund sei der Nichtein­tretensentscheid des Ver­wal­tungs­gerichts des Kan­tons St. Gallen zu Recht erfolgt.