4A_271/2015: Geänderter Spruchkörper als Verletzung des Anspruchs auf verfassungsmässiges Gericht (amtl. Publ.)

In einem Zivil­prozess betr­e­f­fend defin­i­tive Ein­tra­gung eines Bauhandw­erk­erp­fan­drechts und Forderung aus Werkver­trag fand eine mündliche Hauptver­hand­lung mit Befra­gung der Parteien und acht Zeu­gen statt. Das Bezirks­gericht Baden beschloss, ein gerichtlich­es Gutacht­en einzu­holen. Später wies das Bezirks­gericht Baden die Klage ab und hiess die Widerk­lage teil­weise gut.

Vor Bun­des­gericht rügte die Beschw­erde­führerin im Wesentlichen, zwis­chen der Hauptver­hand­lung und der Urteils­fäl­lung seien auss­er dem Gericht­spräsi­den­ten alle vier mitwirk­enden Bezirk­srichter aus­gewech­selt wor­den. Der Gehör­sanspruch und der Anspruch auf ein ver­fas­sungsmäs­siges Gericht seien dadurch ver­let­zt (Urteil 4A_271/2015 vom 29. Sep­tem­ber 2015, E. 5).

Das Bun­des­gericht verneinte eine Ver­let­zung des rechtlichen Gehörs (E. 6.1 und 7), bejahte indessen eine Ver­let­zung des Anspruchs auf ein ver­fas­sungsmäs­siges Gericht (E. 6.2 und E. 8). Ändert sich im Ver­lauf des Ver­fahrens die Zusam­menset­zung des Spruchkör­pers, ver­let­zt jede Beset­zung, die sich nicht mit sach­lichen Grün­den recht­fer­ti­gen lässt, die Garantie des ver­fas­sungsmäs­si­gen Gerichts (E. 6.2).

Dabei ist es nicht Sache der Parteien, fehlende Gründe für eine geän­derte Zusam­menset­zung des Spruchkör­pers darzule­gen. Das Gericht ist vielmehr gehal­ten, auf die Gründe hinzuweisen, die zur Auswech­slung eines Richters führen. Erst wenn der Partei die Gründe für die Beset­zungsän­derung bekan­nt gegeben wor­den sind, liegt es an ihr, deren Sach­lichkeit sub­stanzi­iert zu bestre­it­en. Dieser Obliegen­heit kon­nte die Beschw­erde­führerin im vor­liegen­den Fall nicht nachkom­men, da das Bezirks­gericht den Parteien wed­er die beab­sichtigte Änderung des Spruchkör­pers bekan­nt gab noch sich zu deren Grün­den äusserte (E. 8.2).

Da der Anspruch auf ein ver­fas­sungsmäs­siges Gericht formeller Natur ist, hob das Bun­des­gericht den ange­focht­e­nen Entscheid auf (E. 8.3).