4A_66/2015: Sorgfaltspflichtwidrige Delegation der postoperativen Nachbetreuung an den Anästhesisten

C. zog sich beim Fuss­ball­spie­len einen Kreuzban­driss zu. Das Knie sollte durch eine Oper­a­tion wieder hergestellt wer­den. Gegen 14.00 Uhr wachte A. auf und ver­spürte starke Schmerzen im Knie und einen Ver­lust der Sen­si­bil­ität unter­halb des Knies. Der Anäs­the­sist führte ab 16.45 Uhr erneute Anäs­the­sien durch, auf­grund der­er die Schmerzen aber nur vorüberge­hend nach­liessen. Einige Tage später wurde fest­gestellt, dass eine Ver­let­zung des Ischi­as­nerv auf der Höhe der Kniekehle aufge­treten war. Zwei Pri­vatgutachter kamen zum Schluss, dass der Ein­griff durch den Chirur­gen zwar kor­rekt vorgenom­men wurde, die Diag­nose ein­er post­op­er­a­tiv­en Kom­p­lika­tion jedoch ver­spätet und die Nach­be­treu­ung während den ersten 24 Stun­den teil­weise delegiert wor­den war. 


Vor Bun­des­gericht stellte sich unter anderem die Frage, ob den Chirur­gen eine Sorgfalt­spflichtwidrigkeit anzu­las­ten war (Urteil 4A_66/2015 vom 22. Sep­tem­ber 2015). Der Chirurg machte gel­tend, es beste­he keine medi­zinis­che Kun­stregel, wonach Chirur­gen verpflichtet wären, die post­op­er­a­tive Betreu­ung an einen anderen Chirur­gen zu delegieren. Die Del­e­ga­tion an einen Anäs­the­sisten sei in Pri­vatk­liniken üblich (E. 5.1.1 und 5.1.3). Das Bun­des­gericht schützte indessen die Auf­fas­sung der Vorin­stanz.  

Gemäss Vorin­stanz war die Del­e­ga­tion an den Anäs­the­sisten auf eine man­gel­hafte Organ­i­sa­tion zwis­chen Spezial­is­ten zurück­zuführen (E. 5.2 i.f.). Der operierende Chirurg suchte seinen Patien­ten nach dem Ein­griff erst wieder am Fol­ge­tag um 20.00 Uhr auf. Die Vorin­stanz kam überdies zum Schluss, der Anäs­the­sist habe seine Sorgfalt­spflicht­en ver­let­zt, indem er den Chirur­gen nicht über die auftre­tenden Schmerzen unter­richtet habe. Durch die Verabre­ichung stark­er Schmerzmit­tel sei die Diag­nose post­op­er­a­tiv­er Kom­p­lika­tio­nen verzögert wor­den (zum Ganzen E. 3.1).