Darf die Durchsuchung im Intimbereich bei der Zutrittskontrolle bei Sportstadien an private Sicherheitsorganisationen delegiert werden? Diese und weitere Frage beurteilte das BJ in einem Gutachten vom 3. Februar 2011, das jetzt in VPB 1/2012 veröffentlicht worden ist.
Das BJ bejaht die Frage, doch muss die Delegation auf einer Grundlage in einem Gesetz im formellen Sinn beruhen:
1. Die Delegation von Durchsuchungen im Intimbereich von staatlichen Behörden an private Sicherheitsorganisationen, um mitgeführte, im Stadion nicht erlaubte Objekte (v.a. pyrotechnische Gegenstände) aufzufinden, ist grundsätzlich möglich. Die Delegation muss jedoch über eine Grundlage in einem Gesetz im formellen Sinn verfügen.
2. Eine Leibesvisitation im Intimbereich stellt je nach den Umständen des Einzelfalls einen Eingriff mittlerer Intensität oder einen schweren Eingriff dar. Eine gezielte Berührung oder sogar ein Abtasten der Geschlechtsorgane und des Afters auch über den Kleidern dürfte als schwerer Eingriff qualifiziert werden. Auch Durchsuchungen auf dem entblössten Körper und insbesondere im entblössten Intimbereich sind grundsätzlich schwere Eingriffe. Zweifellos handelt es sich bei einer eigentlichen körperlichen Untersuchung der Geschlechtsorgane und des Afters um einen schweren Eingriff.
3. Eine Einwilligung des Zuschauers in eine Leibesvisitation kann keine formell-gesetzliche Grundlage ersetzen. Die Einwilligung kann grundsätzlich eine materiell-gesetzliche Grundlage ersetzen, sofern es sich um eine leichte Grundrechtsbeschränkung handelt.
4. An der Verhältnismässigkeit von stichprobeweise durchgeführten Leibesvisitationen im Intimbereich ist insofern zu zweifeln als dass sie nicht als geeignete Massnahmen erscheinen, um die Sicherheit in den Stadien zu gewährleisten. Im Fall von körperlichen Untersuchungen und von gezielten Berührungen oder im Fall eines Abtastens der Geschlechtsorgane oder des Afters erscheint diese sogar als für den Einzelnen unzumutbar.