4A_565/2015: Bonus als Gratifikation bei sehr hohem Einkommen (amtl. Publ.)

B. (Beschw­erdegeg­n­er) war als Senior Pri­vate Banker für die A. AG (Beschw­erde­führerin) tätig. Die A. AG ist eine auf Ver­mö­gensver­wal­tung und Anlage­ber­atung spezial­isierte Bank. B. klagte vor Arbeits­gericht Zürich unter anderem Boni für die Geschäft­s­jahre 2011/12 und 2012/13 ein.

Das Arbeits­gericht Zürich wies die Klage ab. Das Oberg­ericht des Kan­tons Zürich hiess dage­gen die Klage teil­weise gut. Es war zum Schluss gekom­men, dass der bish­er durch­schnit­tlich aus­gerichtete jährliche Bonus im Umfang der Dif­ferenz zwis­chen dem Fixlohn und dem fünf­fachen Medi­an­lohn als Lohnbe­standteil zu betra­cht­en sei. Das Bun­des­gericht hob diesen Entscheid auf und wies die Klage des Arbeit­nehmers ab (Urteil 4A_565/2015 vom 14. April 2016).

Zur Begrün­dung führte das Bun­des­gericht im Wesentlichen aus, ob eine ins Ermessen der Arbeit­ge­berin gestellte frei­willige Vergü­tung eine Grat­i­fika­tion nach Art. 322d OR darstelle, hänge von der Höhe des Gesamteinkom­mens aus Arbeitsver­trag und allen­falls vom Ver­hält­nis der frei­willi­gen Vergü­tung zum vere­in­barten Lohn ab (E. 2.2).

Erzielt der Arbeit­nehmer ein sehr hohes Gesamteinkom­men, ist die Höhe der Grat­i­fika­tion im Ver­hält­nis zum Lohn kein entschei­den­des Kri­teri­um mehr, um über den Lohn­charak­ter der Bonusleis­tun­gen zu entschei­den. Eine ins Ermessen der Arbeit­ge­berin gestellte frei­willige Vergü­tung ist in jedem Fall als Grat­i­fika­tion zu qual­i­fizieren, auf die kein Anspruch beste­ht, sofern der Arbeit­nehmer auch ohne den umstrit­te­nen Bonus ein sehr hohes Einkom­men aus der gesamten Vergü­tung für seine Arbeit­stätigkeit erzielt (E. 2.2.2).

Als sehr hohe Vergü­tung gilt ein Einkom­men aus Arbeitsver­trag, das den fünf­fachen Medi­an­lohn über­steigt.  Dabei ist gemäss Bun­des­gericht nicht entschei­dend, unter welchem Titel oder unter welch­er Beze­ich­nung eine Zahlung aus dem Arbeitsver­trag erfol­gt. Es kommt auch nicht darauf an, für welche Zeit­pe­ri­ode die Vergü­tun­gen geleis­tet wer­den. Mass­gebend sind allein die tat­säch­lichen Einkün­fte im Zeit­punkt ihrer Real­isierung (E. 2.2.2 und 2.3).

Im vor­liegen­den Fall stellte das Bun­des­gericht auf die Einkün­fte im let­zten Jahr vor der Ver­trags­beendi­gung ab (E. 2.4) und stellte fest, dass die tat­säch­lichen Ein­nah­men den fünf­fachen Medi­an­lohn über­stiegen (E. 2.5). Die Vergü­tung, die B. für seine Arbeit­stätigkeit unab­hängig vom umstrit­te­nen Bonus erhielt, war sehr hoch. Das Bun­des­gericht verneinte deshalb einen Anspruch auf den ver­traglich in Aus­sicht gestell­ten frei­willi­gen Bonus (E. 2.6).