Das BGer hatte im vorliegenden Urteil die genehmigungsbedürftige verdeckte Ermittlung i.S.v. StPO 285a von der nicht genehmigungsbedürftigen verdeckte Fahndung nach StPO 298 abzugrenzen. Beamte der Stadtpolizei Zürich hatten sich in einem Chat in einem Gepräch sexuellen Inhalts als minderjähriges Mädchen ausgegeben, worauf der Gesprächspartner u.a. wegen versuchter sexueller Handlungen mit Kindern angeklagt wurde. Das OGer ZH sprach den Angeklagten frei, weil die erhobenen Beweismittel mangels Genehmigung nicht verwertbar seien.
Eine verdeckte Ermittlung liegt vor,
wenn Angehörige der Polizei oder Personen, die vorübergehend für polizeiliche Aufgaben angestellt sind, unter Verwendung einer durch Urkunden abgesicherten falschen Identität (Legende) durch täuschendes Verhalten zu Personen Kontakte knüpfen mit dem Ziel, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und in ein kriminelles Umfeld einzudringen, um besonders schwere Straftaten aufzuklären.
Um eine verdeckte Fahndung handelt es sich hingegen,
wenn Polizeiangehörige im Rahmen kurzer Einsätze ohne Erkennbarkeit ihrer wahren Identität und Funktion Verbrechen und Vergehen aufzuklären versuchen und dabei insbesondere Scheingeschäfte abschliessen oder den Willen zum Abschluss vortäuschen (Abs. 1). Verdeckte Fahnderinnen oder Fahnder werden nicht mit einer Legende ausgestattet (Abs. 2 Satz 1).
Für das Vorliegen einer verdeckten Ermittlung sprechen daher laut dem vorliegenden Urteil folgende Punkte:
- qualifizierte Täuschung durch Verwendung einer Urkunde;
- Interaktion mit der Zielperson, Aufbau eines Vertrauensverhältnisses;
- längere Dauer des Einsatzes (wobei dies weniger ein eigenständiges Tatbestandselement ist, sondern eher eine aus der Voraussetzung des Vertrauensverhältnisses abgeleitete Anforderung).
Im konkreten Fall beurteilte das BGer das Vorgehen der Polizei als verdeckte Fahndung, weshalb eine Genehigung nicht erforderlich war und die Beweismittel verwertet werden konnten:
- Legende: Die Polizei übermittelte dem Angeklagten die vermeintlich von der Chatpartnerin stammende Emailadresse. Die Angabe von Namen, Wohnort, Alter, Aussehen, die Angabe einer E‑Mail-Adresse mit falschem Namen, das Versenden von Fotos und die Verwendung einer Telefonnummer, die nicht auf eine Scheinidentität des Fahnders ausgestellt ist, schafft noch keine durch Urkunden abgestützte Legende i.S.v. StPO 285a;
- Interaktion mit der Zielperson: vorliegend beschränkte sich der Kontakt auf den Austausch von Nachrichten per Internet, Email und SMS, aber beschränkt auf die Anbahnung eines Sexualkontakts. Von einem privaten oder persönlichen Kontakt könne hier nicht gesprochen werden.
- Dauer: Da sich der Kontakt vorliegend auf knappe Textbotschaften über rund 9 Tage beschränkte, könne man nicht von längerer Dauer ausgehen.
Im Ergebnis war deshalb von einer genehmigungsfreien Fahndung auszugehen. Das BGer weist die Sache deshalb an das OGer ZH zu neuer Beurteilung zurück (u.a. zur Prüfung, ob der Verwertbarkeit ggf. andere Gründe entgegenstehen).