4A_363/2016: (hier keine) Schutzfähigkeit einer roten Schuhsohle als Positionsmarke – Christian Louboutin (amtl. Publ.)

Das Bun­des­gericht hat die Beschw­erde von Chris­t­ian Louboutin gegen ein Urteil des Bun­desver­wal­tungs­gerichts abgewiesen. Louboutin ist als Her­steller exk­lu­siv­er Damen­schuhe bekan­nt, deren Sohlen jew­eils rot sind. Die rote Farbe der Sohle ist inter­na­tion­al in Klasse 25 als Posi­tion­s­marke reg­istri­ert (IR 1031242), d.h. als Marke, bei der ein bes­timmtes Zeich­enele­ment in Kom­bi­na­tion mit ein­er bes­timmten Posi­tion geschützt ist:

 

Das Eidg. Insti­tut für Geistiges Eigen­tum (IGE) ver­weigerte die Schutzaus­dehnung der IR-Marke mit der Begrün­dung, die rote Farbe auf der Schuh­sohle werde als rein deko­ra­tives Ele­ment wahrgenom­men, so dass das Zeichen (für “chaus­sures pour dames à talons haut”) nicht unter­schei­dungskräftig sei. Das BVGer hat­te dies bestätigt, im wesentlichen mit fol­gen­den Erwä­gun­gen (in der Zusam­men­fas­sung durch das BGer, E. 3.1):

  • Bei ein­er Posi­tion­s­marke trage das Posi­tion­se­le­ment zur Unter­schei­dungskraft bei, wenn die Markierungsstelle als ungewöhn­lich bzw. auf­fal­l­end erscheine oder sich die Posi­tion im Verkehr durchge­set­zt habe. Bei der Unter­seite ein­er Damen­schuh­sohle erscheine das Anbrin­gen ein­er Marke allerd­ings nicht als ungewöhn­lich oder auf­fal­l­end. Die Farbe Rot sei fern­er eine Grund­farbe und werde ins­beson­dere bei Waren aus der Mode­branche oft als deko­ra­tives Ele­ment ver­wen­det. Eine rote Aussen­sohle weiche bei Damen­schuhen zudem nicht vom gängi­gen Gestal­tungss­chatz ab.
  • Auf­grund ein­er Gesamt­be­tra­ch­tung sei demzu­folge davon auszuge­hen, dass die mass­geben­den Verkehrskreise (Per­so­n­en, vor­wiegend Damen, von “ziem­lich jung” bis “ziem­lich alt”, mit einem zumin­d­est leicht erhöht­en Mode­be­wusst­sein in unter­schiedlichen finanziellen Ver­hält­nis­sen) rote Schuh­sohlen bei Damen­schuhen mit hohen Absätzen primär als deko­ra­tives Ele­ment wahrnehmen. Es fehle daher an Unterscheidungskraft.

Das BGer bestätigt diese Auf­fas­sung. Zur Unter­schei­dungskraft bei Posi­tion­s­marken äussert sich das BGer wie folgt:

Neben der Unter­schei­dungskraft des Basisze­ichens ist […] die Stärke der Posi­tion zu berück­sichti­gen. Nicht jedem posi­tion­ierten Zeichen kommt Unter­schei­dungskraft zu; die Posi­tion kann hierzu lediglich beitra­gen, sofern sie in der Wahrnehmung der mass­geben­den Verkehrskreiseein hin­re­ichend charak­ter­is­tis­ches Ele­ment darstellt, mithin stark genug ist, um das Zeichen in einen anderen Kon­text zu set­zen. Eben­so wie nicht jede beliebige Ein­fär­bung oder grafis­che Gestal­tung ein schutzun­fähiges Zeichen hin­re­ichend verän­dern kann, ver­mag dies jede beliebige Posi­tion zu erre­ichen. Die Posi­tion muss auch tat­säch­lich ein Ver­ständ­nis als Herkun­ft­shin­weis ver­mit­teln; das posi­tion­ierte Zeichen muss im Gegen­satz zu seinem unpo­si­tion­ierten Gegen­stück ein Rät­sel aufgeben, das nicht anders gelöst wer­den kann als durch die Zuord­nung der Bedeu­tung als Herkun­ft­shin­weis ([…]). Beste­ht auf dem betr­e­f­fend­en Warenge­bi­et eine Kennze­ich­nungs­ge­wohn­heit, dürften die dieser Gewohn­heit entsprechen­den Posi­tio­nen leichter als Herkun­ft­shin­weise ver­standen wer­den. Zudem ist die Posi­tion umso stärk­er einzustufen, je promi­nen­ter sie auf dem jew­eili­gen Posi­tion­sträger in den Vorder­grund rückt ([…]).

Die Fär­bung der ganzen Schuh­sohle ver­schmelze indes mit dem Erschei­n­ungs­bild der Ware selb­st, was – in Anlehnung an die entsprechen­den Regeln bei der For­m­marke – nicht als Herkun­ft­shin­weis, son­dern als gestal­ter­isches Ele­ment wahrgenom­men werde:

[…] Wie die Vorin­stanz zutr­e­f­fend aus­führt, ste­ht zwar nicht ein kon­tur­los­er Far­banspruch zur Diskus­sion; die Umrisse von Schuh­sohlen sind jedoch als Zeichen für Schuhe banal und beschreibend, indem sie im Erschei­n­ungs­bild eines Teils der Ware selb­st beste­hen. Es wird nicht etwa ein Wort- oder Bildele­ment auf der Schuh­sohle posi­tion­iert, wofür auf dem Schuh­markt eine gewisse Übung und eine entsprechende Gewöh­nung der Kon­sumenten beste­hen dürfte. Vielmehr beste­ht das Zeichen aus ein­er ein­far­bigen Darstel­lung der Unter­seite eines hochhack­i­gen Damen­schuhs, wodurch es mit dem Erschei­n­ungs­bild der Ware selb­st ver­schmilzt. Zeichen, die im Erschei­n­ungs­bild der Ware selb­st beste­hen, wer­den jedoch gewöhn­lich nicht als Hin­weis auf die betriebliche Herkun­ft dieser Waren, son­dern lediglich als beson­dere Gestal­tung wahrgenom­men (vgl. BGE 137 III 403 E. 3.3.3 mit Hin­weisen). Ähn­lich der For­m­marke kann es im Hin­blick auf die orig­inäre Unter­schei­dungskraft nicht aus­re­ichen, dass sich ein solch­es Zeichen lediglich nach sein­er gefäl­li­gen Gestal­tung unter­schei­det; vielmehr muss es sich von sämtlichen im beansprucht­en Warenseg­ment im Zeit­punkt des Entschei­ds über die Markenein­tra­gung üblichen Gestal­tun­gen auf­fäl­lig unter­schei­den, damit ein Ver­ständ­nis als Herkun­ft­shin­weis in Betra­cht kom­men kann ([…]). Die mass­gebende Ver­gle­ichs­menge beste­ht dabei in den auf dem betrof­fe­nen Warenseg­ment tat­säch­lich vorhan­de­nen Gestal­tun­gen und nicht etwa in erfol­gten Marke­nan­mel­dun­gen ver­gle­ich­bar­er Zeichen, wie der Beschw­erde­führer anzunehmen scheint.

Eine far­bige Aussen­sohle hebe sich nicht in ein­er Weise von den üblichen Gestal­tun­gen ab, um orig­inär als Herkun­ft­shin­weis in Betra­cht zu kom­men. Nach den Fest­stel­lun­gen des BVGer kom­men hochhack­ige Damen­schuhe mit far­bigen Aussen­sohlen im Gegen­teil dur­chaus vor. Die rote Ein­fär­bung  der Sohle­nun­ter­seite stelle daher ein ästhetis­ches Stilele­ment dar, das nicht (orig­inär) als Herkun­ft­shin­weis in Betra­cht kommt. Das BGer weist die Beschw­erde daher ab.