4A_500/2015: Widersprüchliches Verhalten der Beschwerdeführerin (amtl. Publ.)

Mit dem Entscheid 4A_500/2015 vom 18. Jan­u­ar 2017 trat das Bun­des­gericht nicht auf eine Beschw­erde gegen einen in einem LCIA-Schiedsver­fahren ergan­genen Schiedsspruch ein.

Die X. Inc. (Klägerin und Beschw­erde­führerin) leit­ete ein Schiedsver­fahren gegen die Z. Cor­po­ra­tion (Beklagte und Beschw­erdegeg­ner­in) auf der Grund­lage eines Aktienkaufver­trags ein und klagte auf Zahlung ein­er Kon­ven­tion­al­strafe. Die Z. Cor­po­ra­tion bestritt die Gültigkeit des Aktienkaufver­trags. Gemäss der Z. Cor­po­ra­tion han­delte es sich bei der Unter­schrift ihres Vertreters um eine Fälschung. Die Z. Cor­po­ra­tion liess sich auf das Schiedsver­fahren ein und beantragte die Abweisung der Klage.

Der Einzelschied­srichter kam zum Schluss, dass der Aktienkaufver­trag gefälscht war und wies die Klage der X. Inc. ab.

Das Bun­des­gericht stellte fest, dass die Schied­sklausel einen Rechtsmit­telverzicht enthielt:

The deci­sion of the arbi­tra­tor in any such pro­ceed­ing will be final and bind­ing and not sub­ject to judi­cial review. Appeals to the Swiss Fed­er­al Tri­bunal from the award of the arbi­tra­tor shall be excluded …

Die X. Inc. argu­men­tierte, dass die Zuständigkeit des Schieds­gerichts auf der Ein­las­sung durch die Z. Cor­po­ra­tion und nicht auf der Schied­sklausel gründe, weshalb der in der Schied­sklausel enthal­tene Rechtsmit­telverzicht nicht anwend­bar sei.

Das Bun­des­gericht fol­gte diesem Argu­ment nicht. Es erachtete das Ver­hal­ten der X. Inc. als mit dem Grund­satz von Treu und Glauben unvere­in­bar (venire con­tra fac­tum pro­pri­um). Indem sie die Beschw­erde erhebe, ver­suche die X. Inc. die Aufhe­bung des Schiedsspruchs zu erre­ichen in der Hoff­nung, dass in einem neuen Schiedsspruch der Aktienkaufver­trag als gültig befun­den und die Klage gut­ge­heis­sen würde. Dieses Vorge­hen erachtete das Bun­des­gericht als prob­lema­tisch, denn die X. Inc. berufe sich sowohl auf die Ungültigkeit des Aktienkaufver­trags, um der Wirkung des Rechtsmit­telverzichts zu ent­ge­hen, als auch auf dessen Gültigkeit, um die Zahlung der Kon­ven­tion­al­strafe zu erre­ichen. Diese Argu­men­ta­tion sei wider­sprüch­lich und ver­let­ze den Grund­satz von Treu und Glauben.

Das Bun­des­gericht ergänzte, dass im umgekehrten Fall die Z. Cor­po­ra­tion ver­mut­lich nicht wider­sprüch­lich gehan­delt hätte: Hätte das Schieds­gericht den Aktienkaufver­trag für gültig erk­lärt und die Klage gut­ge­heis­sen, wäre die Z. Cor­po­ra­tion berechtigt gewe­sen, sich im Rah­men ein­er Beschw­erde auf die Ungültigkeit zu berufen. Die Bestre­itung sowohl der Gültigkeit des Rechtsmit­telverzichts als auch des Aktienkaufver­trags wäre kohärent gewesen.