Heilmittelverordnungspaket IV: Entwurf des neues Verordnungsrechts

In der ver­gan­genen Woche hat der Bun­desrat die Entwürfe für die Änderun­gen der Verord­nun­gen zum rev­i­dierten Heilmit­telge­setz (HMG), das sog. “Heilmit­telverord­nungspaket IV”, veröf­fentlicht und in die Vernehm­las­sung geschickt. Das Vernehm­las­sungsver­fahren soll bis zum 20. Okto­ber 2017 dauern; es bet­rifft Verord­nun­gen des Bun­desrates und des Swissmedic-Institutsrates.

Auf­grund ein­er weitre­ichen­den Revi­sion des HMG, die das Par­la­ment im März 2016 ver­ab­schiedet hat, muss das Verord­nungsrecht umfassend angepasst wer­den. Einzelne geset­zliche Bes­tim­mungen (nationale Empfehlun­gen zur Dosierung von Kinder­arzneimit­teln und die defin­i­tive Regelung von kan­ton­al zuge­lasse­nen Arzneimit­teln) sowie das entsprechende Verord­nungsrecht wer­den bere­its Anfang 2018 vorzeit­ig in Kraft geset­zt. Die restlichen Aus­führungs­bes­tim­mungen sollen voraus­sichtlich zum 1. Jan­u­ar 2019 in Kraft treten.

Mit den geplanten Änderun­gen wer­den ins­beson­dere fol­gende Ziele verfolgt:

  • Erle­ichterung des Marktzutritts:
    Schaffung neuer vereinfachter Zulassungsmöglichkeiten für bestimmte Arzneimittelkategorien (insbesondere Arzneimittel mit Zulassung in einem Land der EU oder EFTA, Arzneimittel mit traditioneller Verwendung, in einem Kanton bereits zugelassene Arzneimittel sowie verschiedene Arzneimittel der Komplementärmedizin);
    Vereinfachung der Selbstmedikation durch Anpassung der Einteilung der Arzneimittel in verschiedene Abgabekategorien sowie Lockerung der Anforderungen an die Abgabe.
  • Verbesserung der Arzneimittelsicherheit:
    Stärkung und Modernisierung der Marktüberwachung (Einführung des Pharmacovigilance-Plans, Anwendung der Good Vigilance Practice, Ergänzung und Präzisierung des Umfangs der Meldepflichten);
    Verbesserung der Sicherheit des Arzneimitteleinsatzes in der Pädiatrie (Publikation eines Verzeichnis für Off-Label Dosierungsempfehlungen bezüglich der in der Pädiatrie eingesetzten Arzneimittel, Schaffung neuer Verpflichtungen und Anreize für die Pharmaindustrie zur Förderung der Entwicklung von pädiatrischen Arzneimitteln);
    Festlegung von Minimalanforderungen an die Verschreibung von Arzneimitteln.
  • Erhöhung der Transparenz:
    Ausweitung des Umfangs der von Swissmedic veröffentlichten Informationen über die ihr zur Begutachtung vorlegten Arzneimittel und deren Zulassungsinhaberinnen (insbesondere Publikation der den Zulassungsentscheiden zugrundeliegenden zusammenfassenden Beurteilungsberichte für Humanarzneimittel mit neuen Wirkstoffen [SwissPAR]);
    Klärung der Regelung über die geldwerten Vorteile (Integrität und Transparenz) und Stärkung des Vollzugs dieser Bestimmungen sowie der Weitergabepflicht von Vergünstigungen des Krankenversicherungsgesetzes;
    Schaffung eines Informationssystems zur Überwachung des Antibiotikavertriebs und ‑verbrauchs sowie der Antibiotikaresistenzsituation in der Veterinärmedizin.

Mit der Revi­sion soll eine neue Verord­nung über die Integrität und Trans­parenz im Heilmit­tel­bere­ich (VITH) einge­führt wer­den, welche die Einzel­heit­en zu den Geset­zesvor­gaben in Art. 55 und 56 revH­MG regelt und u.a. die Aus­nah­men vom heilmit­tel­rechtlichen Vorteilsver­bot auf­führt. Die Höhe der sog. “Bagatel­laus­nahme” wird neu in Art. 3 Abs. 1 VITH klar festgelegt:

Als Vorteile von beschei­den­em Wert nach Artikel 55 Absatz 2 Buch­stabe a HMG zuläs­sig sind Vorteile an Fach­per­so­n­en im Gesamtwert von höch­stens 300 Franken pro Fach­per­son und Jahr, die für die medi­zinis­che oder phar­mazeutis­che Prax­is von Belang sind.

Nach derzeit­igem Recht ist diese max­i­mal zuläs­sige Höhe von geld­w­erten Vorteilen nicht geset­zlich vorgegeben. Es han­delt sich vielmehr um eine behördliche und gerichtliche Prax­is (vgl. Swissmedic, Swissmedic Jour­nal 2006, S. 20, 37).

Die geplanten Änderun­gen betr­e­f­fen zudem die Arzneimit­telverord­nung (AWV). So wird z.B. im Art. 3 Abs. 2 revAWV für Fach­wer­bung im Inter­net aus­drück­lich ein Pass­wortschutz verlangt:

«Fach­wer­bung darf nicht im Inter­net öffentlich zugänglich gemacht wer­den. Sie muss mit ein­er geeigneten tech­nis­chen und pass­wort­geschützten Zugangs­beschränkung verse­hen sein und darf nur Per­so­n­en nach Absatz 1 zur Ver­fü­gung gestellt werden.»

Bis­lang han­delt es sich bei der Pass­wort-Pflicht um eine blosse Vor­gabe der Ver­wal­tung, die aber von den Gericht­en bestätigt wurde (vgl. BVGer, Urteil C‑4173/2007 vom 24. April 2009).