1C_17/2017: Schulraumprovisorium Uetikon am See / Abgrenzung neue Ausgaben — gebundene Ausgaben

Im Urteil vom 23. August 2017 befasste sich das BGer mit einem geplanten Schul­raumpro­vi­so­ri­um in der Gemeinde Uetikon am See. Der Kan­ton­srat des Kan­tons Zürich beschloss im Sep­tem­ber 2016 die Errich­tung ein­er Kan­ton­ss­chule in der Gemeinde, welche inner­halb von zehn Jahren bezugs­bere­it sein sollte. Weil die Schüler bere­its vorher nicht mehr in den beste­hen­den Schul­räum­lichkeit­en unterge­bracht wer­den kön­nen, beschloss der Regierungsrat gebun­dene Aus­gaben von CHF 18’221’000.00 für die Erstel­lung und Ausstat­tung eines Schul­raumpro­vi­so­ri­ums. Gegen den Beschluss des Regierungsrates führte eine Pri­vat­per­son Stimm­rechts­beschw­erde, welche jedoch vom BGer abgewiesen wird.

Der Beschw­erde­führer bringt vor, dass es sich bei den Aus­gaben für das Schul­raumpro­vi­so­ri­um nicht um gebun­dene, son­dern um neue Aus­gaben han­dle, welche dem Kan­ton­srat vorgelegt und dem fakul­ta­tiv­en Ref­er­en­dum unter­stellt hät­ten wer­den müssen (§ 56 Abs. 2 lit. a i.V.m. § 33 Abs. 1 lit. d KV/ZH). Die Qual­i­fika­tion als neue Aus­gabe begrün­det der Beschw­erde­führer damit, dass eine ver­hält­nis­mäs­sig grosse Hand­lungs­frei­heit beste­he (Schul­raumpro­vi­so­ri­um nicht zwin­gend; Hand­lungsspiel­raum in Bezug auf Stan­dort, Grösse und Kosten).

Der Kan­ton Zürich hat neue und gebun­dene Aus­gaben in Anlehnung an die Recht­sprechung des BGer im Gesetz über Con­trol­ling und Rech­nungsle­gung (CRG; LS 611) umschrieben. Gemäss § 37 Abs. 2 CRG gilt eine Aus­gabe als gebun­den, wenn

  • sie zur Erfül­lung ein­er geset­zlich vorgeschriebe­nen Ver­wal­tungsauf­gabe zwin­gend erforder­lich ist und namentlich zur Beschaf­fung und Erneuerung der für die Ver­wal­tungstätigkeit erforder­lichen per­son­ellen und sach­lichen Mit­tel dient;
  • sie zur Erhal­tung und zeit­gemässen Ausstat­tung der vorhan­de­nen Bausub­stanz nötig ist;
  • sie für Mietverträge erforder­lich ist, die zwecks Erfül­lung staatlich­er Auf­gaben abgeschlossen werden;
  • sie die Pla­nungs- und Pro­jek­tierungskosten zur Vor­bere­itung eines Vorhabens betrifft.

Zunächst hält das BGer fest, dass die Fest­stel­lung des Regierungsrats, wonach ab dem Jahr 2018/2019 im Kan­ton Zürich nicht mehr genü­gend Mit­telschul­raum zu Ver­fü­gung ste­he, nicht zu bean­standen sei. Eine offen­sichtlich unrichtige Sachver­halts­fest­stel­lung sei dies­bezüglich nicht ersichtlich. Sodann führt das BGer aus, dass der geplante Stan­dort des Schul­raumpro­vi­so­ri­ums offenkundi­ge Vorteile gegenüber allfäl­li­gen the­o­retisch denkbaren, anderen Stan­dorten aufweise. Ins­beson­dere führe die Errich­tung des Schul­raumpro­vi­so­ri­ums dazu, dass der Schul­be­trieb am defin­i­tiv­en Stan­dort dere­inst mit hoher Aus­las­tung aufgenom­men wer­den könne. Eine ver­hält­nis­mäs­sig grosse Hand­lungs­frei­heit sei dem Regierungsrat in Bezug auf den Stan­dort also nicht zugekommen.

Hin­sichtlich der Kosten stellt das BGer schliesslich fest, dass Baupro­jek­te ab ein­er gewis­sen Grösse zwangsläu­fig gewisse Hand­lungsspiel­räume mit sich brächt­en, da in gestal­ter­isch­er als auch in konzep­tioneller Hin­sicht im Einzel­nen stets unter­schiedliche Optio­nen denkbar seien. Der Beschw­erde­führer habe aber nicht dar­ge­tan, inwiefern der benötigte Mit­telschul­raum am vorge­se­henen Stan­dort wesentlich kostengün­stiger hätte geschaf­fen wer­den können.

Ins­ge­samt han­delt es sich beim Kred­it von CHF 18’221’000.00 um eine gebun­dene Aus­gabe, welche nicht dem fakul­ta­tiv­en Ref­er­en­dum unter­stellt wer­den muss.