Im zur amtlichen Publikation vorgesehenen Entscheid vom 12. Februar 2018 äusserte sich das BGer zum Verbandsbeschwerderecht der Umwelt- und Naturschutzorganisationen. Im Jahr 2015 erfuhr die Stiftung WWF Schweiz (im Folgenden: WWF), dass das Bundesamt für Landwirtschaft (im Folgenden: BLW) Überprüfungsverfahren zu verschiedenen Pflanzenschutzmitteln, unter anderem mit dem Wirkstoff Quinoclamine, durchführte. In der Folge gelangte der WWF an das BLW mit den Anträgen, er sei zu diesen Überprüfungsverfahren beizuladen und es sei ihm Akteneinsicht zu gewähren. Zur Begründung machte der WWF geltend, dass der Wirkstoff für Wildbienen und andere Insekten hochgiftig sei und die einheimische Tierwelt sowie die biologische Vielfalt gefährde. Nachdem das BLW den Antrag auf Beiladung ablehnte, gelangte der WWF an das BVGer, welches die Beschwerde des Umweltverbands guthiess. Die gegen diesen Entscheid geführte Beschwerde weist das BGer ab.
Streitig ist im vorliegenden Fall, ob Art. 12 Abs. 1 NHG (Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz; SR 451) dem WWF das Beschwerderecht einräumt und ihm damit Parteistellung verschafft. Das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (im Folgenden: WBF) macht vor BGer geltend, dass das Verbandsbeschwerderecht nur bei Bundesaufgaben mit räumlichem Bezug zum Tragen komme. Dieser Raumbezug sei aber nicht gegeben.
Das BGer ist anderer Ansicht und hält fest, dass das Element der Raumrelevanz in der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung keine Rolle gespielt habe. Auch der Wortlaut und die Entstehungsgeschichte von Art. 12 NHG sprächen gegen eine derartige Beschränkung. Dasselbe gelte für den Sinn und Zweck, was durch den vorliegenden streitigen Fall belegt werde:
[…] Der Zulassungsentscheid ist darauf ausgerichtet, dass die zugelassenen Pflanzenmittel in der Landwirtschaft verwendet und damit Stoffe mit einem potenziell erheblichen Schädigungspotenzial freigesetzt werden. Dabei beschränken sich die Auswirkungen nicht von vornherein auf bestimmte Gebiete, sondern können Böden, Gewässer und Lebensräume in der ganzen Schweiz betreffen. Dies verstärkt jedoch nur das Schutzbedürfnis und spricht somit nicht gegen, sondern für die Zulassung der Verbandsbeschwerde. Wie die ausdrückliche Vorschrift in Art. 18 Abs. 2 NHG zeigt, gehört der vorsorgliche Schutz von Tieren und Pflanzen gegen Giftstoffe bei der Schädlingsbekämpfung zu den zentralen Anliegen des NHG. Der Ausschluss der Verbandsbeschwerde in diesem Bereich würde damit den Intentionen des Gesetzgebers klar widersprechen. (E. 6.3.)
Die Bedenken des WBF, wonach die Zulassung von Umwelt- und Naturschutzorganisationen die Wirkstoffüberprüfungsverfahren in erheblichem Masse verzögere, zerstreut das BGer, indem es dem WBF in Erinnerung ruft, dass die Verfahren durch entsprechende Fristansetzungen straff geführt werden könnten.
Vgl. auch die Medienmitteilung des BGer vom 8. März 2018.