1C_631/2017: Sanierung des Wasserkraftwerks Hammer / wohlerworbene Rechte und Fischgängigkeit (amtl. Publ.)

Im zur amtlichen Pub­lika­tion vorge­se­henen Urteil vom 29. März 2019 beschäftigte sich das BGer mit der Sanierung des Wasserkraftwerks Ham­mer in der Gemeinde Cham. A. ist Inhab­er eines altherge­bracht­en Wasser­nutzungsrechts an der Unteren Lorze. Im Jahr 2015 reichte A. zwei Bauge­suche für die Sanierung des Wasserkraftwerks ein (Rest­wasser­sanierung; Wieder­her­stel­lung der Fis­chgängigkeit; Ersatz der Kraftwerk­stur­bine und des Gen­er­a­tors; Instand­stel­lung und Automa­tisierung der Wehran­lage). Der Regierungsrat wies eine Ein­sprache des WWF Schweiz und des WWF Zug (im Fol­gen­den: WWF) ab und eröffnete diverse Teilentschei­de. Nach­dem das kan­tonale Ver­wal­tungs­gericht ein­er Beschw­erde des WWF keine Folge leis­tete, gelangte die Organ­i­sa­tion an das BGer, welch­es die Beschw­erde gutheisst.

Im Zen­trum des Entschei­ds ste­ht die Frage, ob A. ein wohler­wor­benes Recht auf Nutzung der Wasserkraft der Lorze im Kraftwerk Ham­mer zuste­ht. Dies ist deshalb rel­e­vant, weil das Gewässer­schutzge­setz (GschG; SR 814.20) fes­thält, dass durch Wasser­ent­nah­men wesentlich beein­trächtigte Fliess­gewäss­er nur soweit saniert wer­den müssen, als dies ohne entschädi­gungs­be­grün­dende Ein­griffe in beste­hende Wasser­nutzungsrechte möglich ist (Art. 80 Abs. 1). Dabei schliesst nicht jede beste­hende Recht­spo­si­tion die inte­grale Anwen­dung der Rest­wasser­vorschriften aus, son­dern nur wohler­wor­bene Rechte. 

Das BGer set­zt sich zunächst einge­hend mit Recht­sprechung und Lit­er­atur zu den wohler­wor­be­nen Recht­en im All­ge­meinen (E. 4.) und zu den ehe­haften Recht­en im Beson­deren (E. 5.) auseinan­der. In einem weit­eren Schritt prüft es das Recht von A. zur Nutzung des Lorzewassers: 

Formell han­delt es sich bei dieser Nutzungs­berech­ti­gung nicht um eine Konzes­sion […]. Vielmehr wurde das Recht in Form eines beschränk­ten dinglichen Rechts (Per­son­al­se­vi­tut) an einem (heute öffentlichen) Gewäss­er anerkan­nt. Inhaltlich han­delt es sich gle­ich­wohl um ein Son­der­nutzungsrecht an einem öffentlichen Gewäss­er; dessen Schutz recht­fer­tigt sich (wie bei den Konzes­sio­nen) mit Blick auf die getätigten Investi­tio­nen (Errich­tung von Wasser­w­erken). Die Inter­essen­lage ist damit gle­ich zu beurteilen wie bei den altrechtlichen, unbe­fris­tet erteil­ten Konzes­sio­nen; ein darüber hin­aus­ge­hen­der Schutz ehe­hafter Wasser­rechte lässt sich ver­fas­sungsrechtlich, unter dem Blick­winkel der Eigen­tums­garantie und des Ver­trauenss­chutzes, nicht recht­fer­ti­gen. (E. 6.3.)

Son­der­nutzungskonzes­sio­nen ohne zeitliche Begren­zung sind — so das BGer — ver­fas­sungswidrig. Sie seien nachträglich zu befris­ten und kön­nten unter Gewährung ein­er angemesse­nen Über­gangs­frist entschädi­gungs­los aufgelöst wer­den. Wenn der Berechtigte die Wasser­nutzung weit­er­führen wolle, benötige er hier­für eine Konzes­sion nach heutigem Recht und nach gel­tenden Konzes­sions­be­din­gun­gen und müsse alle für Neuan­la­gen gel­tenden Vorschriften des Umwelt- und Gewässer­schutzrechts ein­hal­ten. Die Konzes­sion sei Voraus­set­zung für die Erneuerung ein­er Wasserkraftan­lage. Da A. über keine Konzes­sion ver­füge, hät­ten auch die Bau- und Aus­nah­me­be­wil­li­gun­gen nicht erteilt wer­den dür­fen. Das BGer heisst die Beschw­erde fol­glich gut und weist die Sache an die Vorin­stanz zurück.

Zur Rüge des WWF betr­e­f­fend man­gel­nde Fis­chgängigkeit hält das BGer fest, dass es ungewiss erscheine, ob durch Aufw­er­tungs­mass­nah­men ein Habi­tat für die Seeforelle geschaf­fen wer­den könne. Wenn aber im Rah­men der Sanierung des Kraftwerks Frauen­tal das Habi­tat für die Seeforelle wesentlich verbessert würde, müssten auch die Fis­chwan­der­hil­fen beim Kraftwerk Ham­mer auf diese Fis­chart aus­gerichtet werden.