5A_280/2018: Notfristansetzung zur Leistung eines Kostenvorschusses

Gegen­stand dieses Urteils bildete eine Klage wegen Per­sön­lichkeitsver­let­zung, die der nicht anwaltlich vertretene Beschw­erde­führer am 8. Dezem­ber 2017 Han­dels­gericht Zürich anhängig gemacht hat­te. Das Han­dels­gericht set­zte dem Beschw­erde­führer eine ein­ma­lige Frist zur Leis­tung eines Kosten­vorschuss­es an. Nach­dem der Beschw­erde­führer den Vorschuss nicht leis­tete, set­zte das Han­dels­gericht dem Beschw­erde­führer eine ein­ma­lige Nach­frist i.S.v. Art. 101 Abs. 3 ZPO an. Am let­zten Tag der Nach­frist ersuchte der Beschw­erde­führer um Fris­ter­streck­ung. Mit Ver­fü­gung vom 20. Feb­ru­ar 2018 wies das Han­dels­gericht das Fris­ter­streck­ungs­ge­such ab und set­zte dem Beschw­erde­führer eine nicht weit­er erstreck­bare Nach­frist bis am 26. Feb­ru­ar 2018 an, um den Gericht­skosten­vorschuss zu bezahlen. Diese Ver­fü­gung wurde dem Beschw­erde­führer am 21. Feb­ru­ar 2018 ins Post­fach zur Abhol­ung bis 28. Feb­ru­ar 2018 avisiert und am 28. Feb­ru­ar 2018, am siebten Tag der Abhol­frist, am Schal­ter zugestellt. Am 27. Feb­ru­ar 2018 stellte der Beschw­erde­führer ein Gesuch um unent­geltliche Recht­spflege. Das Han­dels­gericht trat wegen Nichtleis­tung des Gericht­skosten­vorschuss­es auf die Klage nicht ein. Zudem erwog es, dass das Gesuch um unent­geltliche Prozess­führung man­gels Glaub­haft­machung der Mit­tel­losigkeit abzuweisen gewe­sen wäre, soweit von einem rechtzeit­i­gen Gesuch und fehlen­der Aus­sicht­slosigkeit hätte aus­ge­gan­gen wer­den können.

Vor Bun­des­gericht machte der Beschw­erde­führer gel­tend, es sei ihm keine Möglichkeit geblieben, der ange­set­zten Not­frist bis 26. Feb­ru­ar 2018 Folge zu leis­ten, da er die Ver­fü­gung vom 20. Feb­ru­ar 2018 erst am 28. Feb­ru­ar 2018 in Emp­fang genom­men hätte. Das Han­dels­gericht hätte mithin mit der kurzen Not­frist die geset­zliche Abhol­frist mis­sachtet. Aus dem­sel­ben Grund sei auch sein Gesuch um unent­geltliche Prozess­führung rechtzeit­ig ein­gere­icht wor­den (E. 2.2). Die Beschw­erdegeg­n­er hiel­ten fest, das Han­dels­gericht habe dem Beschw­erde­führer mehrere ein­ma­lige Fris­ten unter Säum­nisan­dro­hung ange­set­zt. Der Beschw­erde­führer, der all diese Fris­ten nicht einge­hal­ten hätte, habe deshalb nicht mit ein­er Fris­ter­streck­ung rech­nen dür­fen. Dass er die Ver­fü­gung vom 20. Feb­ru­ar 2018 erst am let­zten Tag der Abhol­frist, mithin am 28. Feb­ru­ar 2018, abge­holt hätte, habe er selb­st zu ver­ant­worten (E. 2.3).

Das Bun­des­gericht hiess die Beschw­erde gut, hob den Nichtein­tretens­beschluss des Han­dels­gerichts auf und wies die Sache an das Han­dels­gericht zurück, damit dieses dem Beschw­erde­führer eine angemessene Frist zur Leis­tung des Gericht­skosten­vorschuss­es ansetze.

Zunächst ver­warf es die Ein­wände der Beschw­erdegeg­n­er. Das Han­dels­gericht habe die Nach­frist i.S.v. Art. 101 Abs. 3 ZPO als “ein­ma­lig” beze­ich­net, nicht aber als “nicht erstreck­bar” oder “let­zt­ma­lig”. Der Beschw­erde­führer habe deshalb davon aus­ge­hen dür­fen, dass ein Gesuch um Fris­ter­streck­ung behan­delt und selb­st im Falle ein­er Abweisung eine kurze Nach­frist ange­set­zt würde, soweit sein Gesuch nicht trö­lerisch sei.

Sodann erwog das Bun­des­gericht, dass bei ein­er auf einen bes­timmten Kalen­dertag ter­minierten Frist die Abhol­frist von sieben Tagen zu berück­sichti­gen sei. Es ver­wies dabei auf einen im August 2017 ergan­genen Entscheid zu Art. 61 lit. b ATSG, wonach das kan­tonale Gericht bei der Bemes­sung der Nach­frist zur Verbesserung ein­er Beschw­erde­frist mitzu­berück­sichti­gen habe, dass dem Empfänger ein­er eingeschriebe­nen Sendung eine Abhol­frist von sieben Tagen gewährt werde (BGE 143 V 249, E. 6.5). Sodann habe das Bun­des­gericht für das Recht­söff­nungsver­fahren aus­ge­führt, dass die Anset­zung ein­er Frist zur Stel­lung­nahme auf den let­zten Tag der Abhol­frist das rechtliche Gehör ver­let­ze (BGer 5D_69/2009 vom 3. Sep­tem­ber 2009, E. 2.3). Die Fris­tanset­zung des Han­dels­gerichts genüge diesen Voraus­set­zun­gen nicht und die Beschw­erdegeg­n­er hätte nicht aufzeigen kön­nen, weshalb dem Beschw­erde­führer die Abhol­frist nicht zuzugeste­hen sei (E. 5.3).

Schliesslich ändere am Ergeb­nis nichts, dass das Han­dels­gericht das Gesuch des Beschw­erde­führers um unent­geltliche Prozess­führung abgewiesen hätte. Ein solch­es Gesuch könne vor oder nach Ein­tritt der Recht­shängigkeit (Art. 119 Abs. 1 ZPO) und fol­glich auch innert der Frist zur Leis­tung des Kosten­vorschuss­es gestellt wer­den. Obwohl in der ZPO nicht aus­drück­lich geregelt, nehme die Lehre an, dass ein solch­es Gesuch impliz­it eine Art Sus­pen­sivwirkung auf die Frist zur Leis­tung eines Kosten­vorschuss­es habe. Die Vor­sicht gebi­ete es, dass der Betrof­fene mit seinem Gesuch um unent­geltliche Recht­spflege gle­ichzeit­ig eine Erstreck­ung der laufend­en Frist zur Leis­tung des Vorschuss­es bis zum Entscheid über das Gesuch beantrage. Sofern der Betrof­fene dies nicht tue, müsse das Gericht bei Abweisung des Gesuchs um unent­geltliche Prozess­führung die Frist zur Leis­tung des Kosten­vorschuss­es von Amtes wegen erstreck­en bzw. von Amtes wegen neu anset­zen (E. 6.2).