4A_433/2018: Internet Access Provider als solche nicht passivlegitimiert für Urheberrechtsverletzungen im Internet (amtl. Publ.)

Das Bun­des­gericht hat­te im vor­liegen­den Urteil i.S. Swiss­com im Kern über die Frage zu befind­en, ob ein Inter­net Access Provider bei ein­er durch Dritte began­genen Urhe­ber­rechtsver­let­zung einzig durch die Ver­mit­tlung des Inter­net­zu­gangs als Teil­nehmerin an der Urhe­ber­rechtsver­let­zung ange­se­hen wer­den und entsprechend zur Ver­ant­wor­tung gezo­gen wer­den kann.

Das Bun­des­gericht verneint diese Frage. Das URG sieht im Fall ein­er Urhe­ber­rechtsver­let­zung u.a. nega­torische Ansprüche vor (URG 62 I), regelt aber wed­er die Pas­sivle­git­i­ma­tion noch Teil­nah­me­hand­lun­gen. Das BGer stützt sich hier auf Art. 50 OR als sedes mate­ri­ae der Teil­nahme bei Urhe­ber­rechtsver­let­zun­gen, in Anlehnung an BGE 107 II 82. Das HGer BE als Vorin­stanz hat­te eine Anlehnung an ZGB 28 I i.V.m. ZGB 28a I Ziff. 1 und die Recht­sprechung zum Per­sön­lichkeit­srecht zu Recht abgelehnt.

Nach OR 50 ist Ans­tifter, wer einen anderen schuld­haft zu ein­er objek­tiv rechtswidri­gen Hand­lung ver­an­lasst. Eine Begün­s­ti­gung oder Erle­ichterung liegt vor, wenn der Dritte der Schutzrechtsver­let­zung Vorschub leis­tet, sie fördert. Dabei set­zt nicht nur der Schaden­er­satzanspruch, son­dern auch der Unter­las­sungsanspruch gegen den Teil­nehmer ein­er Urhe­ber­rechtsver­let­zung voraus, dass die Ver­let­zung adäquat kausale Folge des Beitrags des Teil­nehmers ist.

Vor­liegend sieht das BGer keinen Beitrag der Swiss­com, der für eine Urhe­ber­rechtsver­let­zung adäquat kausal ist:

  • Die rel­e­vante Urhe­ber­rechtsver­let­zung lag bei der Per­son, die Werke (hier Filme) ohne Berech­ti­gung zur Ver­fü­gung stellt, nicht aber bei den Per­so­n­en, die solche Werbe kon­sum­ieren, weil dieser Kon­sum von der Eigenge­brauchss­chranke von Art. 19 I a URG gedeckt ist. In Betra­cht kommt eine Urhe­ber­rechtsver­let­zung durch die Por­tal­be­treiber, Hoster und Uploader, wenn sie Filme auch in der Schweiz wider­rechtlich zugänglich machen.
  • Für solche Ver­let­zung­shand­lun­gen kommt ein Unter­las­sungsanspruch gegen den Access Provider nur in Betra­cht, wenn dessen Ver­hal­ten all­ge­mein geeignet ist, die Urhe­ber­rechtsver­let­zung des Direk­tver­let­zers zu begün­sti­gen. Dabei genügt “nicht jede beliebige Teil­nah­me­hand­lung, die lediglich “irgend­wie” von fördern­dem Ein­fluss ist, jedoch nicht in hin­re­ichend engem Zusam­men­hang mit der Tat selb­st steht”.
  • Als Access Provider bietet Swiss­com keine Inhalte an, son­dern eröffnet einzig den Zugang zum Inter­net. Die Datenüber­tra­gung geschieht auf Abruf der End­kun­den, die — im Rah­men der Eigenge­brauchss­chranke (URG 19) — keine Urhe­ber­rechte ver­let­zen. Die mit der Datenüber­tra­gung über die tech­nis­che Infra­struk­tur ein­herge­hende vorüberge­hende Vervielfäl­ti­gung der Filme ist zudem nach URG 24a zuläs­sig. Mit den Upload­ern und Hostern der rechtsver­let­zen­den Filmkopi­en hat Swiss­com keine Beziehung, und sie liefert am entsprechen­den Zugänglich­machen keinen konkreten Tat­beitrag. Ihre Beteili­gung liegt einzig darin begrün­det, dass sie den Zugang zum Inter­net von der Schweiz aus ermöglicht. “Dies reicht für eine zivil­rechtliche Ver­ant­wortlichkeit als Teil­nehmerin an den zur Diskus­sion ste­hen­den Urhe­ber­rechtsver­let­zun­gen unbekan­nter Drit­ter nicht aus.” Ein adäquater Kausalzusam­men­hang zur Urhe­ber­rechtsver­let­zung liegt nicht vor.