4A_452/2017: Zulässigkeit der Streitverkündungsklage

In einem Forderung­sprozess mit einem Stre­itwert über CHF 100’000 erhob die Beklagte eine Stre­itverkün­dungsklage (appel en cause) gegen eine Drittpartei vor der Schlich­tungs­be­hörde (Cham­bre pat­ri­mo­ni­ale du can­ton de Vaud).

Es stellte sich diese Frage, ob eine Stre­itverkün­dungsklage bere­its vor der Schlich­tungs­be­hörde anhängig gemacht wer­den kann oder ob dies erst vor dem Gericht erster Instanz zuläs­sig ist. Das Bun­des­gericht hat­te sich zu dieser Frage noch nicht geäussert und verneinte die Kom­pe­tenz der Schlich­tungs­be­hör­den zur Ent­ge­gen­nahme ein­er Stre­itverkün­dungsklage (Urteil 4A_452/2017 vom 19. Okto­ber 2018).

Das Bun­des­gericht erwog, das Gesuch um Zulas­sung der Stre­itverkün­dungsklage sei von einem Schlich­tungs­ge­such zu unter­schei­den. Gemäss Art. 81 Abs. 1 ZPO müsse die Stre­itverkün­dungsklage beim Gericht erster Instanz gel­tend gemacht wer­den. Bezüglich der Stre­itverkün­dungsklage finde kein Schlich­tungsver­fahren statt, dafür ein Zulas­sungsver­fahren (zum Ganzen E. 3.2).

Der Vorteil ein­er Stre­itverkün­dungsklage sei, dass mehrere strit­tige Ansprüche vor dem­sel­ben Gericht im sel­ben Ver­fahren beurteilt wer­den kön­nten. Die Schlich­tungs­be­hörde könne in der Regel nicht über die gel­tend gemacht­en Ansprüche entschei­den. Stelle die Behörde eine Klage­be­wil­li­gung aus, obliege es sodann der kla­gen­den Partei, die Klage beim Gericht anhängig zu machen. Somit sei während des Schlich­tungsver­fahrens noch unklar, ob die Klage recht­shängig wird. Das Ein­re­ichen eines Schlich­tungs­ge­suchs begründe für sich allein noch keine Recht­shängigkeit (Litispendenz). Die Schlich­tungs­be­hörde kön­nte deshalb eine Stre­itverkün­dungsklage nur unter der Bedin­gung zulassen, dass später die Haup­tk­lage durch Ein­re­ichen der Klage­be­wil­li­gung beim Gericht recht­shängig gemacht werde. Der­ar­tiges sehe die schweiz­erische Zivil­prozes­sor­d­nung aber nicht vor (E. 3.3).