4A_603/2018: Bonus als echte Gratifikation; Anspruch im Zeitpunkt des Vestings oder der Grant Notice

Die A. Hold­ing AG (Beschw­erde­führerin) ist die Mut­terge­sellschaft ein­er Gruppe von Gesellschaften, die Mark­t­ex­pan­sions­di­en­stleis­tun­gen mit Schw­er­punkt Asien anbi­etet. Der Beschw­erdegeg­n­er B. wurde von der A. Man­ag­ment AG als Leit­er der Geschäft­sein­heit Spezial­rohstoffe angestellt. Der Arbeitsver­trag wurde bis zum 31. Dezem­ber 2013 befris­tet und nicht ver­längert. Der Beschw­erdegeg­n­er erhielt im Jahr 2013 ins­ge­samt CHF 596’276.65 ausbezahlt.

Die Beschw­erde­führerin erliess im Früh­ling 2011 im Hin­blick auf ihren geplanten Börsen­gang eine IPO-Reg­u­la­tion (“Ini­tial Pub­lic Offer­ing-Reg­u­la­tion”). Diese sah vor, dass aus­gewählten Führungskräften im Zusam­men­hang mit dem Börsen­gang unter bes­timmten Voraus­set­zun­gen Aktien der A. Hold­ing AG über­tra­gen wür­den. Der Beschw­erdegeg­n­er erhielt 300 Per­for­mance Share Units (“PSU”) zugeteilt, die an drei Vest­ing-Dat­en gemäss ein­er Formel in eine Anzahl Aktien umgerech­net und über­tra­gen wer­den sollten.

Die let­zte Tranche Aktien wurde dem Beschw­erdegeg­n­er nicht über­tra­gen. Der Beschw­erdegeg­n­er reichte deshalb Klage beim Arbeits­gericht Zürich ein, das die Klage guthiess. Das Oberg­ericht des Kan­tons Zürich wies die Beru­fung ab. Gegen diesen Entscheid erhob die A. Hold­ing AG Beschw­erde, die das Bun­des­gericht abwies (Urteil 4A_603/2018 vom 28. Juni 2019).

Die Beschw­erde­führerin brachte vor, der Beschw­erdegeg­n­er habe die Grant Notice, mit der die PSU zugeteilt wur­den, durch seine Unter­schrift akzep­tiert. Die Grant Notice halte fest, dass mit der Zuteilung von PSU kein Recht­sanspruch begrün­det werde. In der IPO-Reg­u­la­tion sei eben­falls fest­ge­hal­ten, dass die PSU frewil­lige Son­dervergü­tun­gen darstellen wür­den. Das Ausle­gungsergeb­nis der Vorin­stanz, wonach bere­its mit der Über­mit­tlung der Grant Notice an den Arbeit­nehmer ein Anspruch ent­standen sei, sei deshalb offen­sichtlich falsch (E. 2.2.1). Das Bun­des­gericht gelangte hinge­gen zum Schluss, die Ausle­gung der Vorin­stanz sei nicht zu bean­standen (E. 2.3.4).

Die Vorin­stanz hat­te den Frei­willigkeitsvor­be­halt in der Grant Notice lediglich auf kün­ftige PSU bezo­gen und nicht auf einzelne, bere­its zugeteilte Tranchen (E. 2.2.2). Die Vorin­stanz hat­te erwogen, es liege zwar eine echte Grat­i­fika­tion vor, doch habe die Beschw­erdegeg­ner­in ihr Ermessen mit der Grant Notice aus­geübt. In der Grant Notice sei die genaue Anzahl PSU und weit­ere Fak­toren enthal­ten gewe­sen, sodass durch die Grant Notice ein berechen­bar­er Anspruch durch die Grant Notice zugesichert wor­den und ent­standen sei. Dieser Anspruch sei klag­bar, wenn die entsprechen­den Bedin­gun­gen erfüllt seien. Die Vest­ing-Regeln seien lediglich Zahlungsmodal­itäten und führten zu ein­er aufgeschobe­nen Fäl­ligkeit der zweit­en und drit­ten Tranche (Sachver­halt B.b).

Darüber hin­aus enthiel­ten die Planbes­tim­mungen gemäss der Vorin­stanz keine Regel zur Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es durch Ablauf der Befris­tung. Geregelt war lediglich, dass nach ein­er Kündi­gung durch eine der Ver­tragsparteien keine PSU mehr in Aktien umgerech­net und über­tra­gen wer­den soll­ten. Gemäss Vorin­stanz wäre es der Beschw­erde­führerin aber freige­s­tanden, den Anspruch auf Über­tra­gung der Aktien davon abhängig zu machen, dass der Arbeitsver­trag im Zeit­punkt des Vest­ings noch beste­ht. Der Beschw­erdegeg­n­er habe aus dem Zweck des Planes nicht schliessen müssen, sein Anspruch auf die dritte Tranche ent­falle wegen der Befris­tung seines Ver­trages (E. 2.3.1 und 2.3.2). Die Vorin­stanz hat­te den Zweck des Aktien­pro­gramms darin gese­hen, dass der Abgang von Schlüs­selper­son­al nach dem Börsen­gang ver­mieden wer­den sollte (E. 2.3.3).