Das Bundesgericht entschied in diesem Urteil, dass die Schlichtungsbehörde am bereits festgesetzten Termin festzuhalten und die Parteien allenfalls erneut auf die Erscheinungspflicht aufmerksam zu machen habe, wenn der Beklagte ihr gegenüber vorab erkläre, an der einberufenen Schlichtungsverhandlung nicht teilzunehmen. Die Schlichtungsbehörde dürfe den Kläger in diesem Fall nicht von der Schlichtungsverhandlung dispensieren und der Kläger habe trotz Mitteilung des Beklagten, er werde nicht kommen, an der Verhandlung teilzunehmen, allenfalls einzig um die Klagebewilligung abzuholen.
Hintergrund war ein Schlichtungsverfahren, in welchem der Rechtsvertreter des Beklagten dem Friedensrichter mitgeteilt hatte, dass weder der Beklagte noch er selbst an der Friedensrichterverhandlung teilnehmen werde. Dieses Schreiben stellte der Friedensrichter dem Rechtsanwalt des Klägers zu. Dieser beantragte daraufhin, sein Mandant und er seien vom persönlichen Erscheinen an der Schlichtungsverhandlung zu dispensieren und es sei ihm ohne Verhandlung direkt eine Klagebewilligung auszustellen. Der Friedensrichter erteilte dem Kläger die Klagebewilligung und verfügte dabei ausdrücklich, dass dem Kläger “ohne durchgeführte Schlichtungsverhandlung die Klagebewilligung erteilt” werde.
Das Bezirksgericht trat auf die in der Folge eingereichte Klage mangels gültiger Klagebewilligung nicht ein. Das Obergericht wies die gegen diesen Entscheid erhobene Berufung ab. Es erwog, dass keine in der ZPO enthaltene Ausnahmebestimmung greife, namentlich kein gemeinsamer Verzicht auf das Schlichtungsverfahren gestützt auf Art. 199 Abs. 1 ZPO vorliege. Der Kläger stellte sich demgegenüber auf den Standpunkt, dass sich der Beklagte einseitig nicht auf das Schlichtungsverfahren eingelassen habe. Die beklagte Partei müsse ein Recht darauf haben, sich auf ein unnötiges und unnützes Schlichtungsverfahren nicht einzulassen. In der Lehre werde für diesen Fall vertreten, dass die Schlichtungsverhandlung aus Gründen der Prozessökonomie nicht durchgeführt werden müsse und der klagenden Partei die Klagebewilligung per Post zugestellt werden könne.
Vor Bundesgericht verfing diese Argumentation indes nicht. Das Bundesgericht verwies insbesondere auf den, in der Botschaft zum Ausdruck gebrachten historischen Willen des Gesetzgebers (E. 4.1.2), eine bloss beschränkte Verzichtsmöglichkeit betreffend das Schlichtungsverfahren zuzulassen, weshalb grundsätzlich die Schlichtungspflicht gelte (E. 4.1.3). Die Parteien könnten bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten erst ab einem Streitwert von CHF 100’000 gemeinsam auf das Schlichtungsverfahren verzichten. Im Umkehrschluss hätten die Parteien bei einem Streitwert unter dieser Grenze, unter Vorbehalt der gesetzlichen Ausnahmen von Art. 198 und Art. 199 Abs. 2 ZPO, in jedem Fall ein Schlichtungsverfahren durchzuführen, auch wenn sie dies gemeinsam nicht wollen. Wie sinnvoll es sei, eine Schlichtungsverhandlung durchzuführen, die beide Parteien nicht wollen und nicht als nutzvoll erachten würden, sei eine Frage, welche der Gesetzgeber entscheiden müsse und habe (E. 4.1.4).
Vorliegend, so das Bundesgericht weiter, hätten die Parteien nicht auf das Schlichtungsverfahren, sondern übereinstimmend auf die Schlichtungsverhandlung verzichtet (E. 4.2.1). Das Schlichtungsverfahren bestehe aber im Wesentlichen aus der Schlichtungsverhandlung. W¨rden die Parteien der Schlichtungsbehörde nach der Einleitung des Schlichtungsverfahrens übereinstimmend mitteilen, sie wollten nicht an der Schlichtungsverhandlung teilnehmen, komme dies einem gemeinsamen Verzicht auf das Schlichtungsverfahren gleich, was bei einem Streitwert unter CHF 100’000 ausgeschlossen sei. Andernfalls könnten die Parteien das vom Gesetzgeber vorgesehene Schlichtungsobligatorium unterlaufen. Dieser Verzicht der Parteien beruhe in aller Regel einzig auf deren Auffassung, dass ihnen eine Schlichtungsverhandlung nichts bringe. Bei einer Streitigkeit von unter CHF 100’000 sei aber diese Entscheidung der Privatautonomie der Parteien entzogen (E. 4.2.2.). Erklärt der Beklagte, er werde an der Schlichtungsverhandlung nicht teilnehmen, dürfe die Schlichtungsbehörde somit den Kläger nicht von der Schlichtungsverhandlung dispensieren (E. 4.2.3.).
Auch die in der Lehre vertretenen Auffassungen überzeugten das Bundesgericht nicht. Vielmehr habe es der Kläger hinzunehmen, dass er, nicht aber der Beklagte, an der Schlichtungsverhandlung teilnehmen müsse, wenn er die Klagebewilligung erhalten wolle. Insoweit sei der Kläger, der die Klage gegen den Beklagten einleitete, zu einer Fahrt zur Schlichtungsbehörde gezwungen, auch wenn der Beklagte vorgängig mitteilte, er werde an der Verhandlung nicht erscheinen (E. 4.3.2). Ebenso wenig greife die Auffassung, die Rüge eines säumigen Beklagten, wonach eine Schlichtungsverhandlung nicht richtig durchgeführt worden wäre, sei rechtsmissbräuchlich. Vielmehr müsse das Gericht das Vorliegen einer gültigen Klagebewilligung von Amtes wegen überprüfen (E. 4.4.2). Schliesslich könne der Ansicht nicht gefolgt werden, wonach die Teilnahme des Klägers an der Schlichtungsverhandlung nicht verlangt werden könne, wenn von vornherein feststehe, dass die Schlichtungsverhandlung nicht durchgeführt und deren Zweck damit nicht erreicht werden könne. Zwar möge es aus der Sicht des Klägers unbefriedigend erscheinen, an der Schlichtungsverhandlung teilzunehmen, obschon der Beklagte vorab mitteilte, er werde nicht erscheinen. Ist der Beklagte an der Verhandlung nicht anwesend, könne eine Aussprache zwischen den Parteien und damit der Zweck des Schlichtungsverfahrens nicht mehr erreicht werden. Ob aber ein persönliches Gespräch zwischen den Parteien an der Schlichtungsverhandlung stattfinden könne, ergebe sich erst an der Verhandlung. Erst dann werde mit letzter Sicherheit klar, ob der Beklagte nicht doch zur Verhandlung erscheine (E. 4.4.3).