Im zur amtlichen Publikation vorgesehenen Urteil vom 24. März 2020 beurteilte das BGer die Rechtmässigkeit des Zonen- und generellen Erschliessungsplans 1:5’000 Ruinaulta der Bündner Gemeinde Trin (ZP/GEP). Dieser Plan ändert Lage und Umfang der bisherigen Naturschutzzone und legt den neuen Abschnitt eines Fusswegs in der Talsohle der Rheinschlucht von der Isla Bella-Brücke bis zum Elektrizitätswerk Pintrun fest. Der Weg soll zwischen Bahnstrecke der Rhätischen Bahn (RhB) und Flussufer des Vorderrheins verlaufen. Gegen den ZP/GEP gelangten die Pro Natura, der Schweizer Vogelschutz sowie der WWF bis vor BGer, welches die Beschwerde gutheisst.
Das streitgegenständliche Gebiet lässt sich in vier Teilbereiche unterteilen: (1) erste Innenbiegung des Vorderrheins nach der Isla Bella-Brücke; (2) Abschnitt zwischen Rabiusamündung und dem Bahn- und Wuhrdamm; (3) Dammbauwerk gegenüber Isla Davos; (4) Bereich im Osten des Damms bis zum Westportal des Bahntunnels. Alle vier Teilbereiche liegen im Perimeter des Auenobjekts Nr. 385 Ruinaulta. Das Naturschutzgebiet des ZP/GEP soll den Bundesperimeter dieses Auenobjekts umsetzen. Die Beschwerdeführer rügen im Wesentlichen die fehlende Parzellengenauigkeit des Naturschutzgebiets im ZP/GEP.
Das BGer hält diesbezüglich fest, dass eine vollumfängliche Parzellengenauigkeit des Naturschutzgebiets nicht zwingend sei. Sie sei indessen dort notwendig, wo bei den anstossenden Flächen erhebliche Nutzungskonflikte zum Auenschutz zu erwarten seien. Ein solches Konfliktpotenzial sei im Nahbereich einer Bahnanlage, also in den Teilbereichen (2) bis (4) zu erwarten. In Bezug auf den Teilbereich (4) führt das BGer aus, dass der Rand der auentypischen Vegetation samt Gehölzen in die extensive Unterhaltszone neben der Bahnanlage falle. Je näher die Grenze eines Auengebiets an einer Bahnlinie gezogen werden muss, desto stärker greife dies in die Interessen des Bahnbetriebs bzw. der Bahnsicherheit ein. An einer derartigen Lage sei es deshalb geboten, die Grenze des Naturschutzgebiets parzellengenau und namentlich im Verhältnis zum Bahnunterhaltsdienst verbindlich zu ziehen. Die unbestimmte Grenzziehung im Teilbereich (4) genüge nicht und verletze Art. 3 i.V.m. Art. 5 AuenV (Auenverordnung; SR 451.31). Hinsichtlich des Teilbereichs (3) moniert das BGer, dass die RhB nicht rechtsgenüglich in das Verfahren einbezogen worden sei. Die RhB lagere an verschiedenen Stellen des Bahndamms Material aus den bergseitigen Steinschlagverbauungen ab. Es liege nicht auf der Hand, dass solche Ablagerungen mit dem unterhalb gelegenen Naturschutzgebiet vereinbar seinen. Die unbestimmte Grenzziehung im Teilbereich (3) sei ebenfalls ungenügend und verletze Art. 3 i.V.m. Art. 5 AuenV. Betreffend den Teilbereich (2) wirft das BGer dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden vor, dass nicht nachvollzogen werden könne, ob eine Grenze am Flussufer in diesem Perimeter sachlich gerechtfertigt sei. Insoweit beruhe das vorinstanzliche Urteil auf mangelhaften Abklärungen und sei folglich bundesrechtswidrig. Im Sinne eines Zwischenfazits hält das BGer folgendes fest:
Zusammengefasst erfüllt die Detailabgrenzung des Naturschutzgebiets in den Teilbereichen 2, 3 und 4 im ZP/GEP 1:5’000 Ruinaulta die bundesrechtlichen Voraussetzungen für einen ausreichenden Schutz des Auengebiets nicht. Soweit das angefochtene Urteil diesen Nutzungsplan bestätigt, erweist es sich als rechtswidrig. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in diesem Punkt und zur Aufhebung des fraglichen Nutzungsplans. (E. 6.5.)
Lediglich aus prozessökonomischen Gründen geht das BGer näher auf den Schutz der Vogelart Flussuferläufer ein. Es hält fest, dass der Flussuferläufer auf Menschen und allenfalls begleitende Hunde als natürliche Feinde reagiere und vor ihnen fliehe. Als Grundvoraussetzung müsse gewährleistet sein, dass der für die Vogelart nachteilige Wanderweg ausserhalb ihrer Reaktionsdistanz angelegt würde. Ob ein Wanderweg zwischen der Isla Bella-Brücke und dem geplanten Fussgängertunnel in der Talsohle unter Einhaltung dieser Vorgaben angelegt werden kann, sei angesichts der formulierten Schranken zweifelhaft.