5A_806/2019: Art. 156 Abs. 2 SchKG ist auf gepfändete Eigentümer- oder Inhabertitel nicht anwendbar (amtl. Publ.)

Im vor­liegen­den Fall hat­te sich das Bun­des­gericht mit der Ver­w­er­tung eines gepfän­de­ten Schuld­briefs durch Ver­steigerung, den Steigerungs­be­din­gun­gen und Art. 156 SchKG zu befassen. Art. 156 SchKG ste­ht im Vierten Titel (Betrei­bung auf Grundp­fand­ver­w­er­tung) und befasst sich mit der Durch­führung des Ver­w­er­tungsver­fahrens. Der Wort­laut der Bes­tim­mung ist wie folgt:

1 Für die Ver­w­er­tung gel­ten die Artikel 122–143b. Die Steigerungs­be­din­gun­gen (Art. 135) bes­tim­men jedoch, dass der Anteil am Zuschlagspreis, der dem betreiben­den Pfandgläu­biger zukommt, in Geld zu bezahlen ist, wenn die Beteiligten nichts anderes vere­in­baren. Sie bes­tim­men fern­er, dass die Belas­tung des Grund­stücks, die zugun­sten des Betreiben­den bestand, im Grund­buch gelöscht wird.

2 Vom Grun­deigen­tümer zu Faustp­fand begebene Eigen­tümer- oder Inhab­er­ti­tel wer­den im Falle sep­a­rater Ver­w­er­tung auf den Betrag des Erlös­es herabgesetzt.

Das Bun­des­gericht hat­te nun zu entschei­den, ob Art. 156 Abs. 2 SchKG ana­log auf den Fall eines gepfän­de­ten Eigen­tümer- bzw. Inhab­er­ti­tels anzuwen­den sei, wie dies vom Schuld­ner gel­tend gemacht wor­den war.

Das Bun­des­gericht unter­suchte zunächst den Wort­laut und kam zum Schluss, dass sich dieser nur auf verpfän­dete (nicht auf gepfän­dete) Titel beziehe. Dies decke sich mit der sys­tem­a­tis­chen Stel­lung im SchKG (E. 3.2). Auch in der Lehre werde über­wiegend die Auf­fas­sung vertreten, dass sich Art. 156 Abs. 2 SchKG nur auf verpfän­dete Titel beziehe und auf gepfän­dete Titel nicht anzuwen­den sei (E. 3.2 let­zter Absatz). Ent­ge­gen der Ansicht der Vorin­stanz liege auch keine echte Lücke und keine plan­widrige Unvoll­ständigkeit des Geset­zes vor, welche von den Gericht­en zu beheben wäre; es liege vielmehr am Geset­zge­ber, tätig zu wer­den, wenn er dies für erforder­lich hal­ten sollte (E. 3.3 Mitte).

Das Bun­des­gericht kam daher zum Schluss, dass Art. 156 Abs. 2 SchKG auf gepfän­dete Eigen­tümer- oder Inhab­er­ti­tel nicht (auch nicht ana­log) anwend­bar ist. Die vom Oberg­ericht als Vorin­stanz vorgenommene Lück­en­fül­lung erweise sich als bun­desrechtswidrig. Die Beschw­erde des Gläu­bigers wurde daher gut­ge­heis­sen und die Steigerungs­be­din­gun­gen wur­den entsprechend angepasst.