Das Bundesgericht entschied in diesem Urteil, dass ein Anwalt, der durch aktives Handeln störend in die Wahrheitsfindung des Gerichts eingreift, gegen Art. 12 lit. a BGFA verstösst.
Gegenstand war ein Schreiben eines Anwalts, welches einen Vergleichsvorschlag enthielt. Nachdem das Einigungsverfahren ergebnislos verlaufen war, reichte der Gegenanwalt (Beschwerdeführer) dieses Schreiben im anschliessenden Schriftenwechsel als “Auszug aus Schreiben […]” bezeichnete Beilage ein, in welcher verschiedene Teile abgedeckt waren. Die Aufsichtskommission verwarnte daraufhin den Beschwerdeführer.
Vor Bundesgericht machte der Beschwerdeführer zunächst geltend, dass der Anwalt, indem er den Vergleichsvorschlag bereits vor ihm dem Zivilgericht zugestellt habe, die Vertraulichkeit aufgehoben hätte. Ausserdem habe das Zivilgericht ihm den Vergleichsvorschlag zugestellt und die Vertraulichkeit damit nochmals aufgehoben (E. 4.1). Die Aufsichtskommission stellte sich demgegenüber auf den Standpunkt, dasss ein Anwalt einen Vergleichsvorschlag der anwaltlich vertretenen Gegenpartei nur mit ausdrücklicher Zustimmung an das Gericht weiterleiten dürfe. Auch eine bloss auszugsweise Offenlegung sei ohne eine solche Zustimmung nicht zulässig (E. 4.2). Das Bundesgericht erinnerte zunächst an seine im Zusammenhang mit der Vertraulichkeit von Vergleichsgesprächen ergangene Rechtsprechung (E. 4.3–4.5). Anschliessend wies es darauf hin, dass im Scheidungsverfahren kein Schlichtungsverfahren stattfinde und aufgrund der Lehre die Natur der Einigungsverhandlung vage sei (E. 4.7). Angesichts dieser vielschichtigen, noch nicht höchstrichterlich geklärten und in der Lehre umstrittenen Natur der Einigungsverhandlung könne dem Beschwerdeführer keine Verletzung der Vertraulichkeit im Sinne einer qualifizierten Norm- bzw. Sorgfaltswidrigkeit, mithin eines bedeutsamen Verstoss gegen die Berufspflichten, und damit kein Verstoss gegen Art. 12 lit. a BGFA vorgeworfen werden. Ob, wie vom Beschwerdeführer geltend gemacht, vorliegend keine zu schützende Vertraulichkeit mehr bestanden hätte und er spätestens mit dem Empfang des Vergleichsvorschlags durch das Zivilgericht von der Verpflichtung, den (durch den Anzeiger zu den Akten des Verfahrens gereichten) Vergleichsvorschlag vertraulich zu behandeln, befreit gewesen sei, liess das Bundesgericht offen (E. 4.8).
Am Beschwerdeführer haften blieb indessen der Vorwurf, das Zivilgericht in die Irre geführt zu haben. Die Aufsichtskommission hatte dies damit begründet, dass der Beschwerdefüher mit der
Abdeckung der Einleitung des Schreibens vertuscht hätte, dass es sich bei den nachfolgenden Ausführungen nur um unpräjudizielle Erklärungen im Rahmen von Vergleichsverhandlungen gehandelt habe. Er habe das entsprechende Schreiben durch die Abdeckungen in eine unbedingte Schuldanerkennung über CHF 700’000 “umfunktioniert” (E. 5.2). Das Bundesgericht schützte diese Begründung (E. 5.5). Bei der Wahl der Mittel sei der Anwalt, so das Bundesgericht, auf gesetzeskonforme Mittel beschränkt. In diesem Sinne sei es dem Anwalt unter anderem untersagt, zu Beweiszwecken Urkunden zu fälschen. Darüber hinaus sei es — auch unterhalb einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit — nicht mit der Verpflichtung zur sorgfältigen und gewissenhaften Berufsausübung vereinbar, wenn der Anwalt “positiv störend” in die Wahrheitsfindung eingreife, d.h. bewusst durch aktives Handeln das Gericht in die Irre führe. Umgekehrt sei er jedoch nicht gehalten, falsche Annahmen des Gerichts richtig zu stellen, wenn dies dem Klienteninteresse diene, oder auf für den Klienten ungünstige Sachverhaltselemente hinzuweisen (E. 5.4). Vorliegend habe der Beschwerdeführer aufsichtsrechtlich unzulässig gehandelt. Zwar habe die Aufsichtskommission nicht festgestellt, ob das Zivilgericht aufgrund der genannten Antwortbeilage letztlich tatsächlich getäuscht worden sei. Dies könne jedoch bei der Beurteilung der Verletzung der Berufspflichten, jedenfalls in vorliegender Konstellation, keine Rolle spielen (E. 5.5).