6B_455/2021: Anordnung der Verwahrung wegen aussichtsloser Therapie

Im Urteil 6B_455/2021 vom 23. Juni 2021 hat das Bun­des­gericht die Beschw­erde eines Mannes gegen seine Ver­wahrung beurteilt, der sich im Jahr 2010 mit Waf­fenge­walt der Ver­steigerung seines Haus­es wider­set­zt hat­te. Der Mann hat­te sich in seinem Haus ver­schanzt und nach gescheit­erten Kon­tak­tver­suchen der Polizei mehrere Schüsse auf diese abge­feuert. Einen Polizis­ten ver­fehlte er dabei knapp, einen anderen ver­let­zte er schw­er am Kopf. Die Vorin­stanz stellte 2013 fest, dass der Mann die Tatbestände der ver­sucht­en vorsät­zlichen Tötung (Art. 111 StGB) und der Gefährdung des Lebens (Art. 129 StGB) zum Nachteil von acht Polizeibeamten erfüllte. Sie erachtete ihn zum Tatzeit­punkt jedoch als schul­dun­fähig und ord­nete eine sta­tionäre Ther­a­pie an. Diese wurde 2018 wegen Aus­sicht­slosigkeit aufge­hoben, stattdessen wurde die Ver­wahrung des Mannes ange­ord­net, woge­gen dieser Beschw­erde erhob.

Ist bei Aufhe­bung ein­er Mass­nahme, die auf­grund ein­er Straftat nach Art. 64 Abs. 1 StGB ange­ord­net wurde, ern­sthaft zu erwarten, dass der Täter weit­ere Tat­en dieser Art bege­ht, so kann das Gericht auf Antrag der Vol­lzugs­be­hörde die Ver­wahrung anord­nen (Art. 62c Abs. 4 StGB). Gemäss Art. 64 Abs. 1 b StGB ord­net das Gericht die Ver­wahrung an, wenn der Täter eine Kat­a­log­tat began­gen hat, durch die er die physis­che, psy­chis­che oder sex­uelle Integrität ein­er anderen Per­son schw­er beein­trächtigt hat oder beein­trächti­gen wollte, und wenn auf Grund ein­er anhal­tenden oder lan­gan­dauern­den psy­chis­chen Störung von erhe­blich­er Schwere, mit der die Tat in Zusam­men­hang stand, ern­sthaft zu erwarten ist, dass der Täter weit­ere Tat­en dieser Art bege­ht und die Anord­nung ein­er Mass­nahme nach Art. 59 StGB keinen Erfolg ver­spricht. Das Gericht hat sich bei seinem Entscheid auf eine sachver­ständi­ge Begutach­tung zu stützen (Art. 62c Abs. 4 i.V.m. Art. 56 Abs. 3 StGB)(E. 5).

Nach Ansicht des Bun­des­gerichts durfte sich die Vorin­stanz demgemäss als mass­ge­bliche Grund­lage auf das Aktengutacht­en eines Sachver­ständi­gen und dessen mündlichen Aus­führun­gen vor erster Instanz stützen. Das Gutacht­en erfülle sämtliche Vor­gaben gemäss der bun­des­gerichtlichen Recht­sprechung (vgl. BGE 146 IV 1 E. 3). Die Vorin­stanz habe sich mit der Sache einge­hend und unter jedem Aspekt auseinan­derge­set­zt. Es habe dabei zu Recht eine lan­gan­dauernde und anhal­tende wahn­hafte psy­chis­che Störung von erhe­blich­er Schwere bejaht, an welch­er der Betrof­fene nach wie vor lei­de. Die Vorin­stanz durfte zudem von ein­er hohen Rück­fall­ge­fahr für weit­ere schwere Straftat­en gegen Leib und Leben aus­ge­hen. Nicht zu bean­standen sei auch, dass die Vorin­stanz auf eine Behand­lung­sun­fähigkeit des Mannes auf­grund dessen totaler Ver­weigerung sowie der Auss­chöp­fung sämtlich­er Möglichkeit­en geschlossen und den Ein­griff in seine Grun­drechte mit Blick auf die Rück­fall­prog­nose angesichts der gefährde­ten Rechts­güter als ver­hält­nis­mäs­sig erachtet hat. Inwiefern die Vorin­stanz im Übri­gen die Anord­nung der Ver­wahrung zu Unrecht bejaht haben soll, sei sodann nicht ersichtlich (E. 5). In diesem Sinne wies das Bun­des­gericht die Beschw­erde des Betrof­fe­nen ab, soweit es darauf ein­trat (E. 6).