4A_395/2021: negative Feststellungswiderklage bei Teilklage; Feststellungsinteresse; Bestätigung der Rechtsprechung

Das Bun­des­gericht bestätigte erneut seine bish­erige Recht­sprechung zur Zuläs­sigkeit von neg­a­tiv­en Fest­stel­lungswiderk­la­gen (s. ins­beson­dere bere­its BGE 147 III 172) und präzisierte diese in Bezug auf das Fest­stel­lungsin­ter­esse in Per­so­n­en­schaden­fällen. Ins­beson­dere bestätigte das Bun­des­gericht, dass die Aus­nahme vom Erforder­nis der gle­ichen Ver­fahren­sart nicht auf den Fall ein­er soge­nan­nten echt­en Teilk­lage beschränkt sei, son­dern all­ge­mein dann gelte, wenn die Teilk­lage eine Ungewis­sheit zur Folge habe, die es recht­fer­tige, die Fest­stel­lung des Nichtbe­stands ein­er Forderung oder eines Rechtsver­hält­niss­es zu ver­lan­gen (E. 3.1).

Sodann bestätigte das Bun­des­gericht, dass das Inter­esse der beklagten Partei, welche eine neg­a­tive Fest­stel­lungswiderk­lage als Reak­tion auf eine echte Teilk­lage erhebe, regelmäs­sig auf der Hand liege. Dabei liess es nach wie vor offen, wie weit das Fest­stel­lungsin­ter­esse der beklagten Partei in Fällen gehe, bei denen nur ein einzel­ner Schaden­sposten bzw. ein Teil davon eingeklagt wurde (beschränk­te Teilk­lage), da im konkreten Fall die Vorin­stanz eine durch die Teilk­lage her­vorgerufene Ungewis­sheit zu Recht bejaht hätte: Der Klägerin sei es (nach verbindlichen Fest­stel­lun­gen der Vorin­stanz) möglich, sämtliche Schaden­spo­si­tio­nen aus dem bere­its über 15 Jahre zurück­liegen­den Unfall gel­tend zu machen. In dieser Sit­u­a­tion und mit Blick auf die sich gegen­seit­ig tang­ieren­den, aber nur teil­weise eingeklagten Ansprüche müsse es der Beklagten möglich sein, mit­tels neg­a­tiv­er Fest­stel­lungswiderk­lage auch die anderen aus der gle­ichen Kör­per­ver­let­zung resul­tieren­den Schadens- und Genug­tu­ungsposten zur Beurteilung zu brin­gen (E. 3.2).

Das Bun­des­gericht erin­nerte dabei unter Ver­weis auf seine bish­erige Recht­sprechung daran, dass die mit ein­er Teilk­lage kon­fron­tierte beklagte Partei ein rechtlich­es Inter­esse habe, durch Widerk­lage den Nichtbe­stand des (gesamten) behaupteten Anspruchs oder des Schuld­ver­hält­niss­es samt ander­er sich daraus ergeben­der Ansprüche fest­stellen zu lassen. Dass die neg­a­tive Fest­stel­lungswiderk­lage in ein­er solchen Kon­stel­la­tion nur zuläs­sig wäre, wenn die beklagte Partei in ihrer wirtschaftlichen Bewe­gungs­frei­heit beein­trächtigt wäre (wie von der Klägerin behauptet und von einem Teil der Lehre pos­tuliert), tre­ffe nicht zu. Diese Ansicht überse­he, dass die Erhe­bung ein­er Teilleis­tungsklage die Anmas­sung nicht nur des eingeklagten Teilanspruchs selb­st, son­dern zugle­ich des gesamten Forderungsrechts als deren notwendi­ge Grund­lage bedeute und deshalb die beklagte Partei in diesem vollen Umfang durch die gegen sie erhobene Klage in ihrer Pri­va­trecht­sphäre beein­trächtigt werde. Aus diesem Grund werde ihr die Möglichkeit ein­er Fest­stel­lungswiderk­lage gegeben. Für den Fall der neg­a­tiv­en Fest­stel­lungswiderk­lage lasse sich aus der höch­strichter­lichen Prax­is kein Erforder­nis ein­er Beein­träch­ti­gung der wirtschaftlichen Bewe­gungs­frei­heit ableit­en (E. 3.2).