1B_59/2021: Verwertung beschlagnahmter Kryptobestände (amtl. Publ.)

Im Urteil 1B_59/2021 vom 18. Okto­ber 2021 äusserte sich das Bun­des­gericht erst­mals zum gebote­nen Vorge­hen der Staat­san­waltschaft bei der Ver­w­er­tung beschlagnahmter Kryp­tobestände. Auf­grund des dafür erforder­lichen Fach­wis­sens muss die Staat­san­waltschaft Vorkehrun­gen tre­f­fen, um bei der vorzeit­i­gen Ver­w­er­tung beschlagnahmter kryp­to­basiert­er Ver­mö­genswerte ein möglichst gutes Ergeb­nis zu erzie­len. Sofern das nötige Fach­wis­sen dazu in der Behörde nicht vorhan­den ist, muss sie eine Fach­per­son beiziehen.

Hin­ter­grund dieses Entschei­ds war eine Stra­fun­ter­suchung der Staat­san­waltschaft II des Kan­tons Zürich, unter anderem wegen Geld­wäscherei. Im Rah­men dieser Unter­suchung beschlagnahmte die Staat­san­waltschaft im Jahr 2019 ver­schiedene Kryp­tobestände, die der Beschuldigte auf sein­er Wal­let bei ein­er Ver­wahrungsstelle aufwies. Die Ver­wahrungsstelle wurde von der Staat­san­waltschaft angewiesen, die fraglichen Kryp­tobestände auf deren Kon­to bei ein­er Dien­stleis­terin für den Han­del mit virtuellen Zahlungsmit­teln zu über­weisen. Let­ztere erhielt den Auf­trag, die Kryp­tobestände in Schweiz­er Franken zu kon­vertieren und der Staat­san­waltschaft zu über­weisen. Die dage­gen erhobene Beschw­erde des Beschuldigten ans Oberg­ericht des Kan­tons Zürich blieb erfolglos.

In einem Strafver­fahren kön­nen Gegen­stände und Ver­mö­genswerte vor­sor­glich beschlagnahmt wer­den, etwa um die Ver­fahren­skosten sicherzustellen (Art. 263 Abs. 1 StPO). Werte mit einem Börsen- oder Mark­t­preis kön­nen dabei sofort ver­w­ertet wer­den (Art. 266 Abs. 5 StPO). Nach der Recht­sprechung des Bun­des­gerichts ist bei ein­er vorzeit­i­gen Ver­w­er­tung ein möglichst gün­stiges Ver­w­er­tungsergeb­nis zu erzie­len (E. 3.3). Die Ver­w­er­tung ist so vorzunehmen, dass die Inter­essen der Beteiligten best­möglich gewahrt wer­den. Die Durch­führung ist der konkreten Sit­u­a­tion und auch den Gegeben­heit­en des Mark­tes anzu­passen. Dies gilt sowohl hin­sichtlich der Ver­w­er­tungsart als auch hin­sichtlich der Modal­itäten der Ver­w­er­tung. Insofern haben die Straf­be­hör­den bei der vorzeit­i­gen Ver­w­er­tung beschlagnahmter Gegen­stände und Ver­mö­genswerte sach- und fachgemäss sowie sorgfältig vorzuge­hen und gegebe­nen­falls fach­män­nis­chen Rat einzu­holen (E. 3.4). Ger­ade wenn abse­hbar ist, dass die Art und Weise der Ver­w­er­tung für das Ergeb­nis rel­e­vant sein kön­nte, hat die Staat­san­waltschaft Mass­nah­men zu tre­f­fen, damit ein Ver­lust möglichst aus­geschlossen wer­den kann (E. 4.4.2).

Vor­liegend hat­te der Beschw­erde­führer gel­tend gemacht, dass eine sofor­tige und gesamthafte Ver­w­er­tung sich angesichts der hohen Kryp­tobestände neg­a­tiv auf den real­isier­baren Erlös auswirken würde (E. 4.4.2). Da auf sein­er Wal­let ver­hält­nis­mäs­sig hohe Anteile am Mark­tvol­u­men ver­schieden­er virtueller Zahlungsmit­tel lägen, käme ein sofor­tiger und gesamthafter Verkauf ein­er nahezu voll­ständi­gen Ver­nich­tung dieser Werte gle­ich (E. 4.2). Dies würde wed­er den Inter­essen des Staates noch den­jeni­gen des Beschuldigten entsprechen (E. 4.4.2). Das Bun­des­gericht hiess diese Beschw­erde gut und wies die Sache an die Staat­san­waltschaft II des Kan­tons Zürich zu neuem Entscheid im Sinne der Erwä­gun­gen zurück.