Im Urteil 1B_333/2021 vom 5. November 2021 prüfte das Bundesgericht die Zuständigkeit für die Beurteilung von Ausstandsbegehren im Strafverfahren. Hintergrund des Entscheids war eine Anklage der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich beim Bezirksgericht Horgen wegen Verdachts auf Mord und weitere Delikte. Der Beschuldigte stellte daraufhin ein Ausstandsbegehren gegen den verfahrensleitenden Staatsanwalt wegen Befangenheit. Das Bezirksgericht wies das Gesuch als unbegründet ab.
Wird ein Ausstandsgrund nach Art. 56 lit. f StPO betreffend die Staatsanwaltschaft geltend gemacht, sieht Art. 59 Abs. 1 lit. b StPO vor, dass die Beschwerdeinstanz im Sinne von Art. 20 StPO (und nicht das Sachgericht) ohne weiteres Beweisverfahren und endgültig entscheidet. Ist der Gesetzeswortlaut – wie in diesem Fall – klar, kann das Gericht davon nur abweichen, wenn ein triftiger Grund für die Annahme besteht, der Wortlaut ziele am “wahren Sinn” der Regelung vorbei (E. 2.1). Das Bezirksgericht hatte in diesem Sinne geltend gemacht, dass die Beschwerdeinstanz für die Behandlung von Ausstandsbegehren gegen die Staatsanwaltschaft nur dann zuständig sein könne, wenn das Verfahren noch vor der Staatsanwaltschaft anhängig sei. Dies insbesondere deshalb, weil Sinn und Zweck der Zuständigkeitsregel von Art. 59 Abs. 1 StPO sei, dass eine andere als die vom Ausstand betroffene Behörde über das Ausstandsgesuch entscheide. Es könne zudem nicht gewollt sein, dass die Beschwerdeinstanz über den Ausstand entscheide, ohne sich aber zu den prozessualen Folgen zu äussern (E. 2.2).
Die StPO sieht für Ausstandsgesuche separate Zwischenverfahren vor. Die Prüfung von Ausstandsgesuchen betreffend die Staatsanwaltschaft gemäss StPO durch die ihr hierarchisch übergeordnete Beschwerdeinstanz soll sicherstellen, dass Ausstandsfragen von einer institutionell möglichst unabhängigen Behörde beurteilt werden. Die Einsetzung der Beschwerdeinstanz soll zudem eine kantonal einheitliche Behandlung solcher Ausstandsgesuche gewährleisten. Neben der mit der Einführung der StPO anvisierten Vereinheitlichung der Verfahren, der Rechtssicherheit und dem klaren Wortlaut von Art. 59 Abs. 1 lit. b StPO sprechen somit auch materielle Aspekte für die gewählte Zuständigkeitsordnung. Vor diesem Hintergrund ist auch nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber das auf eine grammatikalische Auslegung gestützte Ergebnis nicht gewollt haben kann (E. 2.3).
Vorliegend hätte das Ausstandsgesuch demnach gemäss Art. 59 Abs. 1 lit. b StPO von der Beschwerdeinstanz behandelt werden müssen, auch wenn das Strafverfahren bereits erstinstanzlich hängig war, weshalb die III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich zuständig gewesen wäre (§ 49 GOG/ZH). Der angefochtene Entscheid wurde somit nicht von der gemäss Art. 59 Abs. 1 lit. b StPO zuständigen Vorinstanz gefasst, weshalb ihn das Bundesgericht aufhob und die Sache zuständigkeitshalber an das Obergericht des Kantons Zürich zu neuem Entscheid überwies (E. 2.4, E. 3).