4A_442/2021: Verteilung Prozesskosten (amtl. Publ.)

Das Bun­des­gericht hielt in diesem Urteil fest, dass  bei der Frage der Verteilung der Prozesskosten gemäss Art. 106 ZPO auf das Gesamtergeb­nis des Prozess­es in der Haupt­sache abzustellen sei, während der Entscheid des Gerichts über einzelne Angriffs- oder Vertei­di­gungsmit­tel keinen Ein­fluss auf diese Verteilung habe.

Hin­ter­grund war eine neg­a­tive Fest­stel­lungsklage mit einem Stre­itwert von rund CHF 40 Mio. Nach­dem das Han­dels­gericht des Kan­tons St. Gallen einen voll­ständi­gen ersten Schriften­wech­sel durchge­führt hat­te, wies es die von der Beschw­erde­führerin gestell­ten prozes­sualen Anträge auf Fest­stel­lung des Stre­itwerts, Erhöhung des Gericht­skosten­vorschuss­es und Leis­tung ein­er Parteikosten­sicher­heit ab. In der Folge beschränk­te es das Ver­fahren auf die Prozessvo­raus­set­zun­gen, ins­beson­dere auf die Frage des Fest­stel­lungsin­ter­ess­es und trat später auf die Klage wegen fehlen­dem Fest­stel­lungsin­ter­esse der Beschw­erdegeg­ner­in nicht ein. Da, so das Han­dels­gericht, die Beschw­erde­führerin hin­sichtlich des Antrags auf Nichtein­treten obsiegt habe, hin­sichtlich ihrer prozes­sualen Anträge indessen unter­legen sei, aufer­legte es die Prozesskosten zu 4/5 der Beschw­erdegeg­ner­in und zu 1/5 der Beschw­erde­führerin. Die Beschw­erde­führerin erhob Beschw­erde, ein­er­seits gegen die Kosten­verteilung, ander­er­seits gegen die Fes­tle­gung der Höhe der ihr zuge­sproch­enen Parteientschädigung.

Das Bun­des­gericht bejahte eine Ver­let­zung von Art. 106 ZPO im Zusam­men­hang mit der Verteilung der Prozesskosten. Für die Frage des Unter­liegens (Art. 106 Abs. 1 ZPO) bzw. des Aus­gangs des Ver­fahrens (Art. 106 Abs. 2 ZPO) sei entschei­dend, in welchem Mass die Parteien im Ergeb­nis mit ihren Rechts­begehren durch­drin­gen wür­den. Mass­gebend sei das Gesamtergeb­nis des Prozess­es in der Haupt­sache, während es nicht darauf ankomme, wie über einzelne Angriffs- oder Vertei­di­gungsmit­tel entsch­ieden wor­den sei. Entsprechend sei für die Frage des Unter­liegens bzw. des Ver­fahren­saus­gangs nach Art. 106 ZPO auch das Ergeb­nis bloss­er Zwis­chen­ver­fahren (etwa betr­e­f­fend Höhe des Gericht­skosten­vorschuss­es oder Sicher­heit für die Parteientschädi­gung) irrel­e­vant. Art. 106 Abs. 1 ZPO sehe, so das Bun­des­gericht weit­er, aus­drück­lich vor, dass bei Nichtein­treten die kla­gende Partei — hier also die Beschw­erdegeg­ner­in — als unter­liegend gelte, weshalb der Beschw­erdegeg­ner­in die Prozesskosten voll­ständig hät­ten aufer­legt wer­den müssen (E. 3.2).

Hin­sichtlich der von der Vorin­stanz fest­gelegten Höhe der Parteientschädi­gung drang die Beschw­erde­führerin mit ihren Rügen nicht durch. Dabei ver­wies das Bun­des­gericht ins­beson­dere auf das der Vorin­stanz zuste­hende weite Ermessen, in welch­es nur mit grösster Zurück­hal­tung einge­grif­f­en wer­den. Die Beschw­erde­führerin hat­te ins­beson­dere gel­tend gemacht, dass die von der Vorin­stanz vorgenommene Reduk­tion nicht gerecht­fer­tigt gewe­sen wäre, weil sie zunächst eine voll­ständi­ge Klageant­wort hätte ein­re­ichen müssen und das Ver­fahren erst anschliessend auf die Prozessvo­raus­set­zun­gen, ins­beson­dere auf die Frage des Fest­stel­lungsin­ter­esse, beschränkt wor­den sei. Gemäss Bun­des­gericht sei indessen den­noch nicht von der Hand zu weisen, dass die  Vorin­stanz die Kürzung auch mit dem aussergewöhn­lich hohen Stre­itwert im Ver­gle­ich zum beschränk­ten Prozess­the­ma begrün­det hätte und die erfol­gte Beschränkung des Ver­fahrens daher eine beträchtliche Reduk­tion recht­fer­tige (E. 4.2).