6B_1390/2020: Einziehung von Erlös aus Betäubungsmitteldelikten

Im Urteil 6B_1390/2020 vom 8. Juni 2022 bestätigte das Bun­des­gericht dessen Recht­sprechung zur Einziehung von Erlös aus Betäubungsmit­telde­lik­ten. Hin­ter­grund war die Kon­trolle eines Per­so­n­en­wa­gens durch das Gren­zwachtko­rps, wobei mit Kokain kon­t­a­miniertes Bargeld in der Höhe von EUR 32’000, USD 2’720 und GBP 1’560 sichergestellt wor­den war. Die Staat­san­waltschaft eröffnete gegen die Fahrzeugführerin daraufhin ein Strafver­fahren wegen Ver­dachts der Geld­wäscherei. Das sichergestellte Bargeld wurde beschlagnahmt. Das Strafver­fahren gegen die Beschuldigte wegen Geld­wäscherei wurde in der Folge zwar eingestellt, gle­ichzeit­ig jedoch die Einziehung des Bargeldes ver­fügt. Dage­gen führte die Beschuldigte Beschwerde.

Gemäss Art. 70 Abs. 1 StGB ver­fügt das Gericht die Einziehung von Ver­mö­genswerten, die durch eine Straftat erlangt wor­den sind oder dazu bes­timmt waren, eine Straftat zu ver­an­lassen oder zu belohnen, sofern sie nicht dem Ver­let­zten zur Wieder­her­stel­lung des recht­mäs­si­gen Zus­tands aus­ge­händigt wer­den. Die Einziehung set­zt ein Ver­hal­ten voraus, das den objek­tiv­en und sub­jek­tiv­en Tatbe­stand ein­er Strafnorm erfüllt und rechtswidrig ist. Die Verurteilung ein­er bes­timmten Per­son als Täter ist nicht erforder­lich. Eine Einziehung kommt gemäss Art. 320 Abs. 2 StPO namentlich auch in Betra­cht, wenn das Ver­fahren man­gels eines aus­re­ichend konkreten, eine Anklage recht­fer­ti­gen­den Tatver­dachts gegen eine bes­timmte Per­son eingestellt wird, sofern nur eine straf­bare Hand­lung gegeben ist (E. 2.2.1). Die spezialge­set­zlich geregelte Einziehung bei Betäubungsmit­telde­lik­ten nach Art. 24 Abs. 1 Bet­mG ist auch zuläs­sig, wenn diese im Aus­land began­gen wur­den und keine Anknüp­fungspunk­te zur Schweiz beste­hen (E. 2.2.2). Die Einziehung ist jedoch aus­geschlossen, wenn ein Drit­ter die Ver­mö­genswerte in Unken­nt­nis der Einziehungs­gründe erwor­ben hat und soweit er für sie eine gle­ich­w­er­tige Gegen­leis­tung erbracht hat oder die Einziehung ihm gegenüber son­st eine unver­hält­nis­mäs­sige Härte darstellen würde (Art. 70 Abs. 2 StGB). Auch wenn sich der Dritte im Einziehungsver­fahren nicht auf die Unschuldsver­mu­tung berufen kann, hat der Staat den­noch sämtliche Voraus­set­zun­gen für eine Einziehung beim Drit­ten zu beweisen (E. 2.2.4).

Eine blosse Kokain-Kon­t­a­m­i­na­tion genügt für den Nach­weis der delik­tis­chen Herkun­ft von Bargeld aus dem Dro­gen­han­del in der Regel nicht. Dies gilt ins­beson­dere, wenn als Grund für die Kon­t­a­m­i­na­tion ein bloss­er Besitz von Kokain zum Eigenkon­sum nicht aus­geschlossen wer­den kann. Für den Nach­weis der delik­tis­chen Herkun­ft der Gelder aus dem Dro­gen­han­del bedarf es vielmehr weit­er­er Indizien wie das Fehlen ein­er plau­si­blen Erk­lärung für einen legalen Erwerb des Geldes, die Stück­elung eines grossen Geld­be­trags in kleine Ein­heit­en und ver­schiedene Währun­gen oder die Art des Geld­trans­ports. Nicht ver­langt wird hinge­gen, dass die Behörde auch detail­lierte Ken­nt­nis der Tatum­stände und des Täters wie Ort und Zeit der einzel­nen Tathand­lun­gen hat. Ein strik­ter Beweis der (Vor-)Tat ist dem­nach nicht erforder­lich. Dies gilt nicht nur für den Nach­weis der ver­brecherischen Herkun­ft der Gelder im Sinne des Geld­wäschere­i­tatbe­stands von Art. 305bis Ziff. 1 StGB, son­dern a maiore minus auch für die selb­ständi­ge Einziehung, mit der kein strafrechtlich­er Schuld­vor­wurf an die von der Einziehung betrof­fene Per­son ein­herge­ht. Anders als beim Geld­wäschereivor­wurf müssen die der Einziehung unter­liegen­den Ver­mö­genswerte auch nicht zwin­gend aus einem Ver­brechen her­rühren (E. 2.2.5).

Vor­liegend sprachen nach Ansicht des Bun­des­gerichts ver­schiedene Indizien (hohe Kon­t­a­m­i­na­tion des Bargelds mit Kokain, Stück­elung des grossen Bargeld­be­trags in kleinen Ein­heit­en ver­schieden­er Währun­gen, Art des Bargeld-Trans­ports und Fehlen ein­er plau­si­blen Erk­lärung für den Bargeld­trans­port) dafür, dass es sich beim trans­portierten Bargeld um den Erlös aus Betäubungsmit­telde­lik­ten han­delte (E. 2.4.1). Schliesslich wider­sprachen sich auch die Aus­sagen der Beschuldigten und ihrer Begleit­er hin­sichtlich der behaupteten Herkun­ft der Gelder (E. 2.4.3), weshalb das Bun­des­gericht die Beschw­erde gegen die Einziehung abwies.