7B_1024/2023: Beschwerdelegitimation bei Abtreibung

Im Urteil 7B_1024/2023 vom 26. Juni 2024 entsch­ied das Bun­des­gericht über die Beschw­erdele­git­i­ma­tion bei ein­er Abtrei­bung. Ein Mann hat­te seine ehe­ma­lige Fre­undin wegen straf­baren Schwanger­schaftsab­bruchs und weit­er­er Delik­te angezeigt. Nach ver­schiede­nen Unter­suchung­shand­lun­gen stellte die Staat­san­waltschaft das Ver­fahren ein. Das Kan­ton­s­gericht trat auf die Beschw­erde des Mannes gegen die Ver­fahren­se­in­stel­lung wegen straf­baren Schwanger­schaftsab­bruchs nicht ein. Der Beschw­erde­führer machte vor Bun­des­gericht gel­tend, er sei als Kinds­vater des von sein­er Fre­undin abgetriebe­nen Fötus als “Opfer” anzuse­hen und damit in Bezug auf die Ein­stel­lung des Strafver­fahrens zur Beschw­erde zuzu­lassen (E. 3.1).

Zur Beschw­erde gegen die Ein­stel­lung eines Strafver­fahrens ist berechtigt, wer sel­ber Träger des von der entsprechen­den Straf­bes­tim­mung geschützten Rechtsguts ist oder wer Ange­höriger des Opfers ist: Die geschädigte Per­son kann als Pri­vatk­lägerin zivil­rechtliche Ansprüche aus der Straftat adhä­sion­sweise im Strafver­fahren gel­tend machen (Art. 122 Abs. 1 StPO). Das gle­iche Recht ste­ht auch den Ange­höri­gen des Opfers zu, soweit sie gegenüber der beschuldigten Per­son eigene Zivi­lansprüche gel­tend machen (Art. 122 Abs. 2 StPO). Geschädigt ist, wer durch die Straftat in seinen Recht­en unmit­tel­bar ver­let­zt wor­den ist, wer mithin Träger des durch die ver­let­zte Strafnorm geschützten oder zumin­d­est mit­geschützten Rechtsguts ist (Art. 115 Abs. 1 StPO). Als Opfer gilt die geschädigte Per­son, die durch die Straftat in ihrer kör­per­lichen, sex­uellen oder psy­chis­chen Integrität unmit­tel­bar beein­trächtigt wor­den ist (Art. 116 Abs. 1 StPO). Machen die Ange­höri­gen eines Opfers Zivi­lansprüche gel­tend, so ste­hen ihnen die gle­ichen Rechte zu wie dem Opfer (Art. 117 Abs. 3 StPO; E. 3.2).

Art. 118 Abs. 3 StGB stellt einen Schwanger­schaftsab­bruch nach der zwölften Woche unter Strafe, soweit nicht die geset­zlichen Voraus­set­zun­gen dafür erfüllt sind. Das geschützte Rechtsgut ist das men­schliche Leben während der Schwanger­schaft. Ein­be­zo­gen sind damit Embry­onen und Föten bis zu ihrer Geburt (E. 3.3.2). Das durch den Tatbe­stand geschützte unge­borene Leben besitzt keine eigene Rechtsper­sön­lichkeit. Wird dieses unge­borene Leben im Mut­ter­schoss durch Schwanger­schaftsab­bruch been­det, hat es niemals eine solche Per­sön­lichkeit erlangt. Das unge­borene Leben ist deshalb auch kein Opfer im Rechtssinne (E. 3.3.4). Der Beschw­erde­führer war somit wed­er sel­ber Träger des geschützten Rechtsguts noch kann er man­gels Opfer­eigen­schaft des unge­bore­nen Lebens als Ange­höriger gel­ten (E. 3.4).

Gemäss Urteil des Bun­des­gerichts ist der Erzeuger eines abgetriebe­nen Fötus dem­nach nicht berechtigt, die Ein­stel­lung des Strafver­fahrens gegen die Mut­ter wegen straf­baren Schwanger­schaftsab­bruchs mit Beschw­erde anzufecht­en. Er ist nicht Träger des mit der fraglichen Straf­bes­tim­mung geschützten Rechtsguts und kann auch nicht als Opfer-Ange­höriger gel­ten, weil dieses unge­borene Leben nie eine eigene Rechtsper­sön­lichkeit erlangt hat. Damit wies das Bun­des­gericht die Beschw­erde des Mannes ab (E. 4).