4A_436/2024: Betreibung auf Grundpfandverwertung und Steuerforderung (amtl. Publ.)

In diesem zur Pub­lika­tion vorge­se­henen Entscheid 4A_436/2024 vom 18. Dezem­ber 2024 set­zte sich das Bun­des­gericht mit der Frage auseinan­der, ob eine Ver­an­la­gungsver­fü­gung im Bertrei­bungsver­fahren auf Grundp­fand­ver­w­er­tung, das einen Schuld­brief zum Gegen­stand hat, der zur Sicherung der Steuer­forderung sicherungsübereignet wurde, einen defin­i­tiv­en Recht­söff­nungsti­tel für die Schuld­bri­ef­forderung darstellen kann. Das Bun­des­gericht verneinte dies, mit fol­gen­der Begründung:

«6.4.2. Wie die Beschw­erde­führerin zutr­e­f­fend vorträgt, ist es nicht möglich, für die Schuld­bri­ef­forderung defin­i­tive Recht­söff­nung zu erteilen. Denn es hiesse, dass die Grund­forderung für die Schenkungss­teuer 2006 samt Zin­sausstän­den in Betrei­bung geset­zt wor­den wäre. Dies hätte aber auf dem Weg der Betrei­bung auf Pfän­dung und nicht durch Betrei­bung auf Pfand­ver­w­er­tung geschehen müssen. Wegen der Ein­heit von Schuld­bri­ef­forderung und Pfan­drecht (BGE 134 III 71 E. 3; vgl. dazu hier­vor E. 5.3.2) kann nur für die Schuld­bri­ef­forderung Recht­söff­nung erteilt wer­den. In welch­er Höhe dies zu geschehen hat, wird durch die Grund­forderung bes­timmt, sofern die Schuld­ner­in die Einrede des “pactum de non petendo” erhebt. An der Recht­snatur der Schuld­bri­ef­forderung ändert sich jedoch nichts.

(…)

6.4.4. Die pri­va­trechtliche Schuld­bri­ef­forderung nimmt keinen öffentlich-rechtlichen Charak­ter an, nur weil sie eine öffentlich-rechtliche Grund­forderung sichert. Die Schuld­bri­ef­forderung bleibt pri­va­trechtlich­er Natur und ist nur der pro­vi­sorischen Recht­söff­nung zugänglich. Die Bedenken der Vorin­stanzen, wonach das Zivil­gericht keine öffentlich-rechtliche Forderung über­prüfen kann, sind in dieser Kon­stel­la­tion unbe­grün­det. Denn auf allfäl­lige Aberken­nungsklage hin würde sich die Über­prü­fung durch das Zivil­gericht nur auf die Schuld­bri­ef­forderung und die Einrede des “pactum de non petendo” beziehen. Hinge­gen fände keine Über­prü­fung der öffentlich-rechtlichen Grund­forderung statt.»

Dage­gen stellt gemäss Bun­des­gericht der Schuld­brief einen pro­vi­sorischen Recht­söff­nungsti­tel für das Pfan­drecht und die Schuld­bri­ef­forderung dar.

In diesem Entscheid kon­nte auch das Bun­des­gericht gewisse Unsicher­heit­en betr­e­f­fend die Angaben, die im Betrei­bungs­begehren für eine pfand­gesicherte Forderung erforder­lich sind, klären und ins­beson­dere ob den Anforderun­gen von Art. 67 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG Genüge getan ist, wenn der Gläu­biger im Betrei­bungs­begehren auf Ver­w­er­tung eines Grundp­fands nur die Forderung aus dem Grund­ver­hält­nis (vor­liegend die Ver­an­la­gungsver­fü­gung) als Forderungs­grund angibt und die Schuld­bri­ef­forderung nicht erwäh­nt. Das Bun­des­gericht erwog, dass die Angaben im konkreten Fall nicht zu bean­standen waren:

«5.3.5. Bezo­gen auf den konkreten Fall erwog die Vorin­stanz, aus der Kor­re­spon­denz der Parteien gehe klar her­vor, dass die Zahlung der Schenkungss­teuer 2006 und der aufge­laufe­nen Zinse aus­ge­blieben sei. Deshalb errichteten die Parteien den Papi­er-Inhab­er­schuld­brief vom 7. Jan­u­ar 2020 mit der Schuld­bri­ef­forderung von Fr. 200’000.– und vere­in­barten, dass die Schuld­bri­ef­forderung neben die zu sich­ernde Schenkungss­teuer­forderung trete. Auch vor Bun­des­gericht trägt die Beschw­erde­führerin nicht sub­stanzi­iert vor, weshalb sie trotz­dem nicht gewusst haben will, dass die Grundp­fand­ver­w­er­tung zur Begle­ichung der im Zahlungs­be­fehl aufge­führten Schenkungss­teuer dient.

5.3.6. Ergänzend hielt die Vorin­stanz fest, dass die Schuld­bri­ef­forderung gestützt auf Art. 842 Abs. 2 ZGB neben die zu sich­ernde Forderung getreten sei, die dem Beschw­erdegeg­n­er gegenüber der Beschw­erde­führerin aus dem Grund­ver­hält­nis zuge­s­tanden habe. Denn es sei nichts anderes vere­in­bart wor­den. Die Vorin­stanz erwäh­nte das “pactum de non petendo”. Dabei han­delt es sich nach all­ge­meinem Ver­ständ­nis um ein Ver­sprechen des Gläu­bigers, eine beste­hende und allen­falls bere­its fäl­lige Forderung nicht gel­tend zu machen. Bei der Betrei­bung auf Grundp­fand­ver­w­er­tung für die im Schuld­brief verkör­perte abstrak­te Forderung kann im Fall, dass die kausale Forderung auf einen tief­er­en Betrag lautet, der betriebene Schuld­ner die Einrede erheben, dass die Gel­tend­machung auf den Betrag der kausalen Forderung begren­zt sei (Urteil 5A_394/2019 vom 5. Mai 2020 E. 2.4.1 mit Hin­weisen). Die Vorin­stanz erwägt zutr­e­f­fend, dass das Recht zur Gel­tend­machung der Schuld­bri­ef­forderung an den Bestand und die Fäl­ligkeit der Grund­forderung geknüpft ist. Auf­grund des “pactum de non petendo” dürfe der Beschw­erdegeg­n­er nur den tat­säch­lich geschulde­ten Betrag aus dem Grund­ver­hält­nis zwangsrechtlich einziehen lassen (vgl. auch BGE 140 III 180 E. 5.1.2). Fol­glich war es kor­rekt, dass der Beschw­erdegeg­n­er in seinem Betrei­bungs­begehren den Forderungs­grund aus dem Grund­ver­hält­nis angegeben hat. Damit diente er auch der Beschw­erde­führerin, die dadurch wusste, dass das mit dem Schuld­brief errichtete Grundp­fan­drecht nur in der Höhe der Grund­forderung samt Zin­sen zur Ver­w­er­tung gelan­gen kann.»